Münster

Widerstand wirkt: Wie Münsteraner Mieter der LEG die Stirn bieten

LEG-kritisches Graffito an der Hogenbergstraße in Berg Fidel.

LEG-kritisches Graffito an der Hogenbergstraße in Berg Fidel.

Umstrittene Mietpreiserhöhungen, Kritik am Service, aber hohe Renditen für die Aktionäre: Der Immobilienkonzern LEG steht immer wieder in der Kritik. In Münster setzen sich die Mieter zur Wehr – und haben damit Erfolg.

Am Samstag meldet sich Benjamin Körner nochmal. Und der Aktivist von der Initiative “Berg Fidel Solidarisch” hat gute Nachrichten: Die LEG hat in einem Schreiben an alle Mieter in Berg Fidel angekündigt, das Hausmeisterbüro wieder zu festen Zeiten für eine Sprechstunde zu öffnen. “Das ist unser erster Erfolg für die Forderung nach einen verlässlichen Hausmeister”, schreibt die Initiative auf ihrer Website. Sie hatte öffentlichkeitswirksam 400 Unterschriften gesammelt, um auf den Immobilienkonzern Druck auszuüben.

Aber das ist aus Sicht der Initiative nur ein erster Erfolg. Zwischen dem Geistviertel und Hiltrup brennen den Mietern noch weitere Themen unter den Nägeln. Vor allem die Sauberkeit und der Service sind ein Ärgernis. Das sagen zwei LEG-Mieterinnen, die vier Wochen zuvor zusammen mit Körner zum Interview gekommen sind. Ihre Namen möchten sie nicht an dieser Stelle veröffentlicht wissen.

“Mein Mann will keinen Ärger”, sagt eine von ihnen. Das würde nichts bringen, sei eine weit verbreitete Haltung. Bei manchen kommt die Sprachbarriere dazu in dem Stadtteil, der für Münsteraner Verhältnisse vergleichsweise migrantisch geprägt ist und eine relativ hohe Arbeitslosigkeit aufweist.

LEG soll festen Hausmeister stellen

Eins ist den beiden Interviewpartnerinnen gemein: Die Liste ihrer Klagen über das Unternehmen, das knapp 700 Wohneinheiten in dem Stadtteil unterhält, ist lang. Im Kern geht es ihnen darum, dass wieder ein fester Hausmeister vor Ort ist, der ansprechbar ist, kleinere Schäden selbst behebt und eine “soziale Kontrolle” ausübt. Dadurch, dass die LEG so unsichtbar sei, gebe es viele kleine Probleme rund um Müll und Sauberkeit. Wer dann doch einmal einen Schaden melden will, muss sich in einer anonymen Hotline durchkämpfen.

Zugleich stellt die LEG ihren Mietern über die Nebenkostenabrechnung einen Hausmeister in Rechnung. Den Wiedertäufern liegen die Papiere vor, für den Bestand in Berg Fidel macht das insgesamt über 50.000 Euro im Jahr. Viel Geld für jemanden, den die Mieterinnen, so sagen sie, nie zu Gesicht bekommen. “In unseren Quartieren in Münster sind täglich sechs Objektbetreuer im Einsatz”, teilt das Unternehmen auf Nachfrage mit. “Selbstverständlich entfällt von deren Arbeitszeit auch ein großer Anteil auf unser Quartier Berg Fidel, der ungefähr einer Vollzeitstelle entspricht.”

“Anfang des Jahres haben wir zudem damit begonnen, zusätzliche Kontrollen der Außenanlagen und Treppenhäuser durch einen zusätzlichen Hausmeister in unseren Münsteraner Quartieren vorzunehmen und arbeiten festgestellte Mängel schnellstmöglich ab.” Allerdings wird auch hierfür eine zusätzliche Gebühr fällig.

Für “Berg Fidel Solidarisch” ist dieses Entgegenkommen der LEG nur ein erster Schritt: “Wir wissen, dass dieser erste Erfolg nicht ausreicht und wir wollen noch viel mehr erreichen.” Eine wesentliche Erkenntnis dabei: “Es zeigt uns, dass wir wirkliche Verbesserungen erreichen können, wenn wir gemeinsam dafür kämpfen!”

Erfolge vor Gericht

Das unterschreibt Werner Szybalski sofort. Der Uppenberger setzt sich ebenfalls kritisch mit seinem Vermieter auseinander. Erst kürzlich konnte er hier einen Erfolg verbuchen, als er Widerspruch gegen eine Mieterhöhung einlegte. Die Richterin ließ durchblicken, dass diese aller Voraussicht nach keinen Bestand haben wird. Eine Entscheidung liegt noch nicht vor.

Szybalski hatte im vergangenen Sommer zusammen mit anderen Mietern Widerspruch eingelegt, doch am Ende zog er allein vor den Kadi: “Das ist das Geschäftsmodell. Die LEG kommt mit Anwälten und dann machen die Leute einen Rückzieher.” Dabei würden die Gericht im Regelfall für die Mieter und gegen die LEG entscheiden. Das einst staatliche, aber nun an der Börse notierte Unternehmen greift bei der Renditeoptimierung auf umstrittene, aber letztlich legale Methoden zurück (wir berichteten).

Ein Mieter aus Berg Fidel hingegen war im vergangenen Jahr beim Thema Hausmeisterkosten gegen die LEG vor Gericht erfolgreich. Am Ende wollte das Unternehmen die Zusammensetzung der Kosten nicht offen legen und nahm die gerichtliche Niederlage in Kauf. Die LEG dazu: “Belege zum Nachweis der Hauswartkosten sind immer LEG-interne Belege, da es entsprechende externe Rechnungen nicht gibt. Schon aus diesem Grund werden wir auch künftig diese Position nicht besser als bislang aufschlüsseln können.” Bislang nennt das Unternehmen eine Gesamtsumme ohne weitere Erläuterungen.

“Die Leute knicken ein”

Szybalski muss angesichts solcher Aussagen schmunzeln. Das sei alles kalkuliert: “Die ziehen das einfach durch. Ihr Erfolg besteht darin, dass sie drohen und dass 95 Prozent der Leute, die sich wehren wollen, dann einknicken. Dabei wirkt Widerstand.”

Das sieht Körner ähnlich: “Berg Fidel Solidarisch” werde auch aktiv, um den gemeinsam Stärke zu zeigen. “Unsere Waffe ist die Solidarität. Damit machen wir der LEG Angst!”


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