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Flyover: Was nicht passt, wird passend gemacht

So könnte der Flyover nach der angedachten Fertigstellung Ende 2023 aussehen. Bild: Stadt Münster

So könnte der Flyover nach der angedachten Fertigstellung Ende 2023 aussehen. Bild: Stadt Münster

Dem Flyover droht die politische Bruchlandung: Zwei Versionen einer Machbarkeitsstudie zu dem Prestigeprojekt werfen Fragen auf, die Stadtbaurat Robin Denstorff in Erklärungsnot bringen.

Am 19. Mai steht der Showdown an. Dann nämlich wird der Stadtrat über den Flyover abstimmen. Die Radverkehrsbrücke soll die Promenade über die Bismarckallee mit der Veloroute nach Senden verbinden, so die Idee der Stadtplaner.

Doch es gibt ein Problem: Mit der Veröffentlichung der entsprechenden Vorlage am vorvergangenen Freitag öffnete die Verwaltung so etwas wie die Büchse der Pandora. An einer einzigen Stelle in dem zwölfseitigen Dokument ist von einer Machbarkeitsstudie die Rede. Im Anhang findet sie sich nicht.

Am nachfolgenden Dienstag (27. April) stellten wir einen IFG-Antrag mit der Bitte um Herausgabe der Studie. Empfänger: Michael Grimm, Leiter des Amtes für Mobilität und Tiefbau. Er ist in der Vorlage als Ansprechpartner genannt. Der Antrag – ein Verwaltungsakt – ging in Kopie an Denstorff.

Bis zum vergangenen Montag gab es keine Reaktion. Abends kam dann die telefonische Nachricht, dass eine entsprechende Pressemitteilung versendet sei und die Studie nun online stehe.

Deepthroat im Tiefbauamt

Online steht aber nur die abschließende Version der Studie mit Datum vom 14. April. Eine mutmaßlich anonyme Quelle hatte eine frühere Variante aus dem vergangenen November an die “Münstersche Zeitung” durchgestochen. Und die enthielt Sprengstoff: “Es wird empfohlen, auf eine Brückenlösung zu verzichten”, schreiben die Autoren eines Planungsbüros aus Hilden. Statt dessen solle eine ebenerdige Lösung gefunden werden.

Das ist, nun ja, etwas unglücklich. Zumindest, wenn man an die Pressemitteilung der Stadt vom 4. März 2020 zurückdenkt. Überschrift: “Neue Brücke für den Radverkehr am Aasee”. Darin heißt es: “Der ‘Flyover Aegidiitor’ hätte bundesweit in seiner Größenordnung und Frequentierung ein Alleinstellungsmerkmal.” Es handele sich um ein “innovatives Statement für den Radverkehr”, flötete Denstorff. Und auf einmal soll die Brückenlösung nicht mehr funktionieren?

In der Version aus dem April sprechen sich die Autoren dann plötzlich für die Brückenlösung an der Bismarckallee aus, die sie ein halbes Jahr zuvor noch als untauglich befunden hatten.

Allerdings gibt es einige Einschränkungen, die im Vergleich zur ersten Version dezent wirken: “Eine Brückenlösung kann nicht alle wichtigen Fahrbeziehungen abdecken”, heißt es etwa. Es müssen also weitere ebenerdige Radwege an dem Knotenpunkt vorgehalten werden. Und: “Der Nutzen für einen Flyover ergibt sich nur, wenn entsprechende Radverkehrsbelastungen zusätzlich zum heutigen Stand generiert werden.” Derzeit ist auf der Bismarckallee nämlich nicht so viel los, als dass sich das für zehn Mio. Euro veranschlagte Bauwerk löhnen würde. Hinzu kommt die knackige Steigung von stellenweise 3,5 Prozent. Da muss Oma schonmal aus dem Sattel steigen.

Flyover sorgt für Irritationen

Der Bericht in der “Münsterschen Zeitung” sorgte wenig überraschend für Irritationen in der Stadtpolitik. Das Vertrauensverhältnis zur Stadtverhaltung werde “durch die Causa Flyover auf eine harte Probe gestellt”, erklärte Sylvia Rietenberg, Sprecherin der Grünen Ratsfraktion. Die Linke sprach von einer “millionenschweren Mogelpackung”, Volt signalisierte eine Ablehnung des Projekts.

Tatsächlich sieht die Politik Klärungsbedarf dazu, wie zwei Versionen der gleichen Studie zu vollkommen unterschiedlichen Ergebnissen kommen können. “Bei diesen ersten Vorentwürfen ist es üblich, dass wichtige Aspekte noch nicht vollständig sind”, schreibt Denstorff in einer uns vorliegenden Antwort auf einen Fragenkatalog der Grünen-Ratsfraktion. So seien die Annahmen zur Fahrradverkehrsentwicklung an dieser Stelle “zu gering angesetzt” und der Trassenverlauf ein anderer gewesen.

“Frühere, noch nicht vollständige oder sogar nicht korrekte Zwischenstände von Studien werden generell nicht veröffentlicht”, hieß es weiter. Außerdem habe der Dienstleister diese nicht zur Veröffentlichung autorisiert. Die Ratsmitglieder könnten frühere Versionen aber persönlich vor Ort im Amt einsehen.

Ob die Erklärungen ausreichen? Fortsetzung folgt.


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  1. Eine Brücke im Flachland stellt für Fahrradfahrende ein Verkehrshindernis da, dvon abgesehen, das mit einer Überführung der individuelle Autoverkehr ungestört fließen kann. Ganz großes Kino.

  2. So ein Verhalten ggü. den münstersch. ehrenamtlichen Politikern wird sicherlich ein Abmahnung für den Spitzenbeamten der Stadtverwaltung
    von seinem Boss nach sich ziehen. Unglaublicher Vorgang!

  3. Für die Durchfahrtshöhe unter der Brücke würde ein vorausschauender Planer eine lichte Höhe von 4,70m statt 4,50m ansetzen. Diese Durchfahrtshöhe von 4,70m ist in den “Richtlinien für den Entwurf, die konstruktive Ausbildung und Ausstattung von Ingenieurbauten“ (kurz RE-ING, frei herunterzuladen bei der BASt) für den Neubau von Brückenbauwerken vorgesehen. Die Anwendung ist zwar nur im Bereich von Bauwerken im Zuge von Bundesfernstrassen verpflichtend, im Hinblick auf Verkehrsstärke und -Zusammensetzung auf der Weseler Straße wären 4,70m aber definitiv Stand der Technik. Mit größerer Durchfahrtshöhe werden natürlich die Rampen noch einmal ein Stück länger…

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