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Flyover: Die Stadt kritisiert ihre Kritiker

So könnte der Flyover nach der angedachten Fertigstellung Ende 2023 aussehen. Bild: Stadt Münster

So könnte der Flyover nach der angedachten Fertigstellung Ende 2023 aussehen. Bild: Stadt Münster

Das Thema Flyover erhitzt weiterhin die Gemüter. Bei einem Treffen mit den Spitzen der Ratsfraktionen versuchte Oberbürgermeister Markus Lewe die Wogen zu glätten. Dafür gab es Kritik in eine andere Richtung – und noch mehr Merkwürdigkeiten.  

Das “für die Verkehrswende in Münster zentrale Flyover-Projekt” (O-Ton Stadtbaurat Robin Denstorff) soll den Verkehrsknoten an der Weseler Straße auf Höhe des Aasees entwirren. Verkehrsminister Andreas Scheuer hat schon Fördermillionen zugesagt, jetzt muss eigentlich nur noch der Rat sein Plazet geben. Schon Ende 2023 können Radfahrende von der Promenade aus direkt über eine Brücke, den namensgebenden Flyover, rüberfliegen zur Bismarckallee, wo dann die Veloroute nach Senden beginnt.

Soweit die Idee.  Doch es gibt ein Problem. Das mit einer Machbarkeitsstudie beauftragte Planungsbüro hatte in einem ersten Entwurf der Erhebung von der Brückenvariante abgeraten. Die “Münstersche Zeitung” hatte nach einem Leak zuerst berichtet – und damit eine rege Diskussion ausgelöst. Auch wir hatten in der Folge auf einige Merkwürdigkeiten hingewiesen.

Die versuchte der Oberbürgermeister am Freitag wieder einzufangen. “Ich bin zuversichtlich, dass die Mitglieder des Rates gewissenhaft und sachkundig im Sinne der Bürgerschaft prüfen werden, welchen Beitrag dieses Fahrradbrücken-Projekt zur Verkehrswende in der Stadt Münster leisten kann. Zwischenstände und falsche Mutmaßungen über Zahl und Status von Arbeitsinformationen sollten dabei kein relevanter Maßstab sein”, hieß es in einer Pressemitteilung der Stadt.

Erklärungsbedarf beim Flyover

Die zeigte sich zugleich bemüht, die Unterschiede zwischen den beiden Versionen – ein Entwurf von Ende November , die das finale Produkt von Mitte April – der Studie mit ihren unterschiedlichen Urteilen zu erklären. “Während der mehrmonatigen Bearbeitungsphase hatte das Planungsbüro in Abhängigkeit vom je aktuellen Recherchestand – wie bei solchen Prozessen üblich – diverse Zwischenstände an die Stadtverwaltung berichtet”, heißt es in der Pressemitteilung weiter.

Das am späten Freitagnachmittag versandte Schriftstück enthält einige, ähm, bemerkenswerte Passagen: “Der erste Vorentwurf wurde in der Öffentlichkeit irreführender Weise als konkurrierendes Studienresultat und als vermeintlicher Widerspruch zum eigentlichen Studienergebnis inszeniert”, schreibt die Verwaltung. Und weiter: “Es wäre nicht richtig gewesen, einen aus guten Gründen nicht autorisierten Erstentwurf öffentlich wie ein Studienschlussergebnis darzustellen. Damit werde die sachliche und seriöse Arbeit von hoch qualifizierten Experten und auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung verunglimpft.”

Zur weiteren Erläuterung der Unterschiede lag der Pressemitteilung eine Art Fact Sheet bei, in dem die unterschiedlichen Bewertungen dargelegt sind. Hier gibt es zwei wesentliche Punkte: In der ersten Version wären der darin vorgesehenen Trassenführung einige Bäume zum Opfer gefallen. Das ist in der letzten Variante nicht mehr der Fall. Allerdings gibt es auch nur hier das Kriterium “Auswirkungen auf den Baumbestand”.

Prognose sticht Ist-Zustand

Der eigentliche “Game Changer” aber ist das Verkehrsaufkommen. In der ersten Version hatten die Autoren die Daten aus einer Verkehrszählung herangezogen. Demnach waren auf der Verbindung nur 2.615 Radfahrende unterwegs. In der finalen Version aber wurden die “ersten Zwischenergebnisse” der Fahrradnetzplanung einbezogen, die der Verwaltung erst seit März vorliegen. Diese prognostizieren 5.500 bis 6.000 Radfahrende auf der Relation. Das Plus soll durch die Veloroute kommen.

Dieser eine Faktor ändert das Setting komplett. Auf einmal gehen die Einschätzungen zu “Kosten-Nutzen-Verhältnis”, “Entschärfung Konfliktpunkt Aegidiistraße”, und “Entlastung Weseler Straße” auf grün, “Bedienung der Hauptlastrichtungen” von rot auf gelb.

Letztlich also führt das Zwischenergebnis einer anderen Erhebung, die maximal sechs Wochen vor Abgabe der Machbarkeitsstudie vorliegt, zu einer komplett anderen abschließenden Bewertung beim Thema Flyover. Es bleibt zu hoffen, dass die Autoren der Fahrradnetzplanung im Laufe ihrer weiteren Arbeit nicht noch neue Erkenntnisse erlangen.


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Ein Kommentar

  1. Da sieht man mal, wie heutzutage Politik gemacht wird. Auf der einen Seite die Fakten aus der Verkehrszählung, auf der anderen Seite die Traumschlösser der Planwirtschaft aus der Schätzung.

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