Münster

Fahrradklimatest: Münster ist nicht mehr die Nummer eins

Das Herz der Fahrradstadt Münster.

Fahrradhauptstadt? Das war einmal! Der Seriensieger Münster ist beim Fahrradklimatest auf Platz zwei zurückgefallen. Diese Entwicklung war vorhersehbar, findet der ADFC.

“Der ADFC in Münster ist nicht überrascht”, erklärt Andreas Bittner, Vorsitzender des Kreisverbandes Münsterland. In den am Dienstagmittag veröffentlichten Fahrradklimatest-Ergebnissen rangiert Münster nach langen Jahren an der Spitze nur noch auf Rang zwei. Auf dem Platz an der Sonne in der Kategorie der Städte zwischen 200.000 und 500.000 Einwohnern thront nunmehr Karlsruhe. Hinter Münster folgt in der alle zwei Jahre durchgeführten Erhebung Freiburg.

Die nunmehr Ex-Fahrradhauptstadt verschlechterte sich 2018 erneut in der Gesamtnote. Vor zwei Jahren erhielt Münster noch 3,07 Punkte. Jetzt vergaben die 1.532 Münsteraner Teilnehmer derer nur noch 3,25. Dabei wurden ihnen insgesamt 27 Fragen in fünf Kategorien gestellt. Den deutlichsten Abschlag gegenüber der vorherigen Umfrage von 2016 gab es in dem Themenbereich “Komfort beim Fahrradfahren” (3,9 Punkte/minus 0,38). Bei “Sicherheit beim Radfahren” war das Gesamtergebnis (4,0 Punkte/minus 0,23) am schlechtesten.

Aus der Betrachtung der Einzelfragen lässt sich eine gestiegene Unzufriedenheit mit der Fahrradinfrastruktur und der städtischen Politik ablesen. Dies galt vor allem für Falschparkerkontrollen auf Radwegen (4,0 Punkte/minus 0,4), Fahrradabstellanlagen (4,0 Punkte/minus 0,5) und die Fahrradmitnahme im ÖPNV (3,7 Punkte/minus 0,5).

Kritik an Politik

In der Gesamtschau schnitt Münster – wenig überraschend – beim Thema Fahrraddiebstähle (5,2 Punkte) herausragend schlecht ab. Breite Wege für Fahrradfahrer (4,1 Punkte) und Konflikte mit Kfz (4,2 Punkte) nahmen die Umfrageteilnehmer als dringliche Handlungsfelder wahr. Es gab aber auch gute Noten, etwa eine 1,6 zum Thema “Bei uns fahren alle Fahrrad”.

Bittner geht angesichts dieser Entwicklung hart mit der Stadt ins Gericht: “Außer wolkigen Zukunftskonzepten und Masterplänen können wir in den letzten 20 Jahren – damals wurde unser großes Fahrradparkhaus gebaut – keine Innovationen oder mutige Konzepte für nachhaltige Nahmobilität erkennen.” Münsters Radverkehrspolitik sei “kleinkariert und mutlos”, was auch duch die “eher halbherzige” Lastenradförderung nicht zu ändern sei.

“Wir wissen, dass die Infrastruktur mit Blick auf die steigende Zahl der Radfahrerinnen und Radfahrer in unserer dynamisch wachsenden Stadt nicht mehr überall zeitgemäß ist”, verlautet Oberbürgermeister Markus Lewe in einer ersten Stellungnahme. “Das Ergebnis des Fahrradklima-Tests ist für uns vor allem Ansporn und Auftrag zugleich, beim nächsten Mal wieder ganz oben auf dem Treppchen zu stehen.”

Absteigende Tendenz bei Fahrradklimatest

Die Forderung des hiesigen ADFC: Dem Autoverkehr Raum und Geschwindgkeit nehmen, sowie die “unterdimensionierte und in die Jahre gekommene” Infrastruktur auf Vordermann bringen. Die IG Fahrradstadt hatte bereits vor knapp zwei Jahren deutlichere Anstrengungen von den Stadtoberen gefordert. Seinerzeit hatte sich Münsters Abwärtstrend beim Fahrradklimatest bereits abgezeichnet.

Immerhin: Münster steht mit dem Negativtrend nicht ganz allein auf weiter Flur. Das Fahrradklima, also die Zufriedenheit der Radfahrenden, hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter verschlechtert, ebenso das Sicherheitsgefühl. Sie bewerten die Fahrradfreundlichkeit ihrer Städte im Durchschnitt mit der Note 3,9. Falschparker auf Radwegen, die schlechte Führung des Radverkehrs an Baustellen und die fehlende Breite von Radwegen sind die am meisten kritisierten Probleme. Drei Viertel der Befragten gaben an, dass man Kinder nur mit schlechtem Gefühl allein mit dem Rad fahren lassen kann.

Der ADFC-Fahrradklimatest wurde im Herbst 2018 zum achten Mal durchgeführt. Er wird durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans 2020 mit rund 195.000 Euro gefördert. Rund 170.000 Menschen stimmten bundesweit ab – eine Steigerung von 40 Prozent gegenüber dem letzten Test. In Münster hingegen sank die Zahl der Teilnehmer.


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