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Aufsichtsräte städtischer Unternehmen sollen Geld bekommen – aber erst nach der Wahl

Der Stadtrat entsendet Mitglieder in die Aufsichtsräte der kommunalen Unternehmen.

Der Stadtrat entsendet Mitglieder in die Aufsichtsräte der kommunalen Unternehmen. (Foto: Archiv)

Bislang erhalten die Mitglieder der Aufsichtsräte von städtischen Unternehmen wie den Stadtwerken oder der Wohn + Stadtbau für ihre Tätigkeit kein Geld. Das soll sich nach einem Vorschlag der Verwaltung ändern. Die Parteien möchten das Thema aber erst nach der Kommunalwahl konkretisieren.

Die Sitzung des Ältestenrates am 4. Dezember des letzten Jahres hatte einen außergewöhnlichen Programmpunkt. Der seinerzeitige Kämmerer Alfons Reinkemeier sollte über ein potentiell brisantes Thema mündlich vortragen: die “einheitliche Regelung für die Entschädigung der Aufsichtsratsmitglieder der städtischen Beteiligungen”, wie es in bestem Beamtendeutsch auf der Einladung heißt.

Anders als bei der Sparkasse etwa, wo Aufsichtsräte – hier Verwaltungsräte – wie Oberbürgermeister Markus Lewe Geld bekommen, gibt es bei Unternehmen, in denen die Stadt allein entscheiden kann, keine Entschädigung. Bislang jedenfalls. In anderen Städten erhalten Mandatsträger für vergleichbare Tätigkeiten mitunter erkleckliche Kompensationen. Doch in Münster war das bislang nicht wirklich ein Thema.

Ein zu heißes Thema?

Das hat sich seit vergangenem Dezember geändert, als Reinkemeier dem aus Bürgermeistern, Fraktionsvorsitzenden und Ratsgruppensprechern bestehenden Ältestenrat die Überlegungen der Verwaltung vortrug. Seinerzeit kündigte der Kämmerer an, im Laufe des Folgejahres Vorschläge vorlegen zu lassen. Diese Aufgabe fiel seiner Nachfolgerin Christine Zeller in den Schoß.

Anfang Juni jedenfalls vertagte das Gremium sich auf die Zeit nach der Kommunalwahl. Dann soll der Rat entscheiden. “Das ist ein unangenehmes Thema, das den Ruch der Selbstbedienung hat”, sagt ein Ratsmitglied, das anonym bleiben möchte. Eine öffentliche Diskussion vor dem Urnengang Mitte September solle deswegen vermieden werden. Und: “Es stellt sich doch die Frage, warum dieses Thema überhaupt jetzt angegangen wird.”

Nicht zu vergessen: Es geht hier möglicherweise um eine Menge Geld, das an eine Vielzahl von Ratsmitgliedern, sonstige Aufsichtsräte und Arbeitnehmervertreter zu verteilen wäre. Ein Beispiel: CDU-Ratsherr Dietmar Erber verdiente mit seinem einfachen Mandat im Verwaltungsrat der Sparkasse Münsterland-Ost im vergangenen Jahr 5.100 Euro.

Ärger um die Aufsichtsräte

Ob es soweit kommt, ist derweil noch offen. Grünen-Ratsherr Christoph Kattentidt sagte auf Anfrage, dass seine Fraktion es ablehne, überhaupt Geld für die Mandate zu zahlen. “Sonst zieht es die Leute eher in die Aufsichtsräte als in die Ausschüsse”, so die Befürchtung. Die Arbeitnehmervertreter wiederum würden für ihre Mandate bezahlt freigestellt.

Ablehung kommt auch von der SPD: “Wir halten es für nicht vermittelbar, dass ehrenamtliche Kommunalpolitiker mit wenigen Sitzungen mehr verdienen sollen als andere Menschen mit einem Vollzeitjob”, erklärt Fraktionschef Michael Jung. “Das setzt völlig falsche Anreize für kommunalpolitische Arbeit.” Konkret sollten Gremien “mit einem Mini-Aufwand” wie bei der CenTech “vergleichsweise fürstlich vergütet werden”. Doch in großen und wichtigen Ratsausschüssen gelte das Ehrenamt.

Und wo sind dann die Befürworter, die es dem Vernehmen nach geben soll? Die Fraktionsvorsitzenden von CDU, FDP und Linken beantworteten unsere Anfragen zum Thema am Montag nicht.

Update: CDU-Fraktionschef Stefan Weber teilte am Dienstgnachmittag mit, dass diese Frage nicht am Ende der laufenden Wahlperiode des Rates zu klären sei, sondern in der kommenden Legislatur. “Für die CDU ist das aktuell kein Thema.”

Update 2: Ortrud Philipp von der Linkspartei teilte mit, dass Vergütungen für die Aufsichtsräte gerade in Zeiten von Corona und Kurzarbeit kein Thema seien.

am Mittwoch


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  1. Eine Aufsichtsrattätigkeit ist eine verantwortliche Tätigkeit, die dem Aufsichtsrat auch Haftungsrisiken einbringt. Eine angemessene Bezahlung sollte selbstverständlich sein.

  2. Alle Mitglieder des Sparkassen-Verwaltungsrats bekommen Sitzungsgeld, nicht nur ein CDU-Mitglied, das Sie zufällig (?) herausgegriffen haben. Bis zur Fusion zur SPK Münsterland Ost war das anders. Münster hatte bundesweit die einzige SPK, wo keine Sitzungsgelder gezahlt wurden. Von Seiten der SPK-Mitarbeiter-Vertreter:innen gab es ziemlich jede Legislaturperiode einen (erfolglosen) Vorstoß, das zu ändern. Ich denke auch, man solle die Aufsichtsräte kommunaler Unternehmen wie Ratsausschüsse behandeln, bei denen sachkundige Bürger:innen ein kleines Sitzungsgeld bekommen.

    1. Das Beispiel mit Herrn Erber ist zufällig. Er liegt vom “Verdienst” her ungefähr in der Mitte. Es geht mehr darum, eine ungefähre Vorstellung von der Größenordnung zu vermitteln.

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