Münster

Wolfsgutachten im Schafspelz

Der Wolf wird wieder in Mitteleuropa heimisch. bald auch in Westfalen?

Alarm! Der Wolf ist wieder da! Das ruft Bauern und Jäger auf den Plan: Sie wollen die bislang geschützten Tiere abschießen dürfen. Und munitionieren mit einem Wolfsgutachten auf, das passenderweise ein Jäger geschrieben hat. Einer mit Professorentitel. 

Der Wolf kommt immer näher. Seit 2009 hat der Nabu in seinem Monitoring 18 Exemplare in ganz NRW gezählt. Was die Naturschützer begeistert, bringt Jäger und Bauern in Wallung. Sie fürchten um gerissenes Nutzvieh: “Welche gravierenden Folgen das Vordringen von Wölfen für die offene Weidehaltung haben, wissen unsere Berufskollegen in Ostdeutschland und in Niedersachsen, wo der Wolf immer stärker auch Schafe und Rinder reißt”, sagte Johannes Röring, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands (WLV) und zugleich Bundestagsabgeordneter, am Dienstag laut Pressemitteilung.

Seine Forderung: Der Wolf soll abgeschossen werden können. Wolfsmanagement nennt man sowas. Das sieht Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) anders, Landwirtschaftsminster Christian Schmidt (CSU) steht dem Thema offener gegenüber. Also, was macht man in so einer Sommerloch-Situation als Lobbyverband?

“Vor dem Hintergrund der erwarteten Ausbreitung des Wolfes auch nach Nordrhein-Westfalen hatten der WLV und der Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagden in Westfalen-Lippe (VJE) Anfang Mai 2017 eine gutachterliche Stellungnahme in Auftrag gegeben”, heißt es. In dieser Stellungnahme, auch Wolfsgutachten genannt, wird gefordert: “Die Begrenzung der Wolfspopulation in Deutschland mit jagdlichen Mitteln ist erforderlich.”

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing
“Autor der Studie ist Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel, Diplom-Biologe und Professor für Zoologie an der FU Berlin”, schreiben die Lobbyisten weiter. Und Herr Pfannenstiel hat nicht nur ein paar nette Titel, mit denen man ältere Damen beeindrucken kann. Nein, er ist beispielsweise auch Gastautor bei der Jagd-Fachzeitschrift “Wild und Hund”. Bis 2013 war er noch Vizepräsident des Landesjagdverbandes Brandenburg. Beim Pressegespräch am Dienstag, so berichten es mehrere Medien übereinstimmend, sprach er sogar von möglichen Angriffen auf Menschen oder von Weidetieren, die aus Angst auf befahrene Straßen laufen und so Unfälle verursachen könnten.

Nicht zuletzt hat der Waidmann seine Affinität zum Thema mit dem wohlwollenden Buch “Heute noch jagen?” unter Beweis gestellt. Auszug aus dem Klappentext: “Ein ebenso kompetenter wie streitbarer Experte setzt sich in diesem Buch mit den Antijagd-Strömungen auseinander. Schlüssig belegt er die Berechtigung und Notwendigkeit nachhaltiger Jagd in unseren naturfernen Kulturlandschaften und weist den Weg für ein zukunftsfähiges Waidwerk.”

Gut, kann man ja irgendwie verstehen, dass der Herr Pfannenstiel ausgewählt wurde. Dass die Medien nicht mal seinen Namen googeln, na ja. Die Pressemitteilung schließt übrigens mit folgendem Satz, der nach dem eben dargelegten Sachverhalt doch zum Schmunzeln anregt: “Grundsätzlich beobachten WLV und VJE, dass die gesellschaftlichen Debatten über die Wiederansiedlung des Wolfes sehr emotional geführt würden, was für eine verantwortungsvolle Behandlung des Themas nicht hilfreich sei.”