Münster

US-Wahlen: Kampf um jede Stimme – auf der Ludgeristraße

Werben für die Teilnahme an den US-Wahlen: Katie Bathgate (l.), Matt LeMieux (r.) und ihre beiden Mitstreiter.

Werben für die Teilnahme an den US-Wahlen: Katie Bathgate (l.), Matt LeMieux (r.) und ihre beiden Mitstreiter.

Die US-Wahlen rücken immer näher. Am 3. November werden die Amerikaner ihren neuen Präsidenten bestimmen. Donald Trump oder Joe Biden? Das ist die Frage, über die mehr als 230 Millionen Wahlberechtigte entscheiden müssen. Und nach einigen von ihnen suchen Aktivisten auch in Münster.

Es ist ein sonniger Samstagvormittag in der Ludgeristraße. Die Menschen flanieren durch die Fußgängerzone, bummeln durch die Geschäfte oder genießen den Frühherbst bei einem Kaffee. Mitten in dem geschäftigen Treiben stehen Matt LeMieux, Katie Bathgate und ihre Mitstreiter. Einen Tisch mit Infomaterial haben sie aufgebaut und wären nicht erst kürzlich Kommunalwahlen gewesen, würde man sie vielleicht einer Partei auf Stimmenfang zuordnen.

Das stimmt allerdings nicht, zumindest nicht so ganz. “Wir versuchen hier Amerikaner zu erreichen oder Menschen, die in den USA wahlberechtigt sind”, sagt Katie. Sie engagiert sich für die der Demokratischen Partei nahestehenden Organisation “Democrats Abroad”. Die will ihre Landsleute ermutigen und dabei helfen, an den US-Wahlen teilzunehmen.

“Die Leute denken häufig, ich bin nicht da, also kann ich auch nicht wählen”, erklärt Katie weiter. “Wir wollen diese Menschen erreichen, denn die Wahl ist wichtig.” Dabei sei es egal, ob es sich um Anhänger der Demokraten oder der Republikaner handele. Tatsächlich gebe es viele Menschen, die in den USA wahlberechtigt seien, das aber gar nicht wüssten.

Komplizierte US-Wahlen

“Manche sind vielleicht in den USA geboren, haben aber nie dort gelebt”, sagt Matt LeMieux, Chair (Vorsitzender) des Chapters Münster-Osnabrück. Darunter ist die regionale Sektion der “Democrats Abroad” zu verstehen, die in Deutschland nach eigenen Angaben 15.000 Mitglieder haben. Andere wiederum, so LeMiaux weiter, lebten seit vielleicht zehn oder 20 Jahren nicht mehr in den Vereinigten Staaten und wüssten gar nicht, dass sie auch heute noch wählen können – und wie das letztlich funktioniert.

Der Teufel steckt hier im Detail, denn jeder der 50 Bundesstaaten – und die führen die Wahlen durch – hat eigene Regelungen für die Stimmabgabe durch Auslands-Amerikaner. Der Bundesstaat Wisconsin beispielsweise, erzählt Matt, habe lange Zeit die Unterschrift eines zweiten US-Bürgers für die Wahlunterlagen vorgeschrieben. Andere wiederum bieten die Möglichkeit, neben Wahlen auf Bundesebene auch Gouverneure, die eine ähnliche Funktion wie Ministerpräsidenten haben, Landesparlamente und Bürgermeister zu bestimmen. Ausschlaggebend ist hierbei der letzte Wohnsitz in den Vereinigten Staaten.

Zur eigentlichen Teilnahme an der Wahl gibt es mehrere Möglichkeiten. Am einfachsten ist es, einen postalisch angeforderten Stimmzettel dann per Fax oder E-Mail zu erhalten, auszudrucken, auszufüllen und dann eingescannt wieder zurückzumailen. Eine Abgabe der Stimme in einer Auslandsvertretung ist ebenfalls möglich.

“Jede Stimme zählt”, sagen die Aktivisten am Samstag. Das hat nicht nur mit dem sich abzeichnenden Rennen Zwischen Amtsinhaber Trump und seinem Herausforderer Biden zu tun. Tatsächlich ist die Wahlbeteiligung in den USA im Vergleich zu Deutschland geringer. 61,4 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung gab ihre Stimme bei der letzten Präsidentschaftwahl im November 2016 ab. Etwas mehr als 70 Prozent haben sich überhaupt als Wähler registriert, wie aus den Statistiken des U. S. Census Bureau hervorgeht.

Überraschende Begegnungen

Luft nach oben ist da, nur sind Aktionen wie am Samstag nicht ein wenig wie nach der Nadel im Heuhaufen suchen? Schlangen bilden sich am Stand der “Democrats Abroad” nicht, aber, so sagen sie, es gebe immer wieder Begegnungen mit Amerikanern und interessierten Deutschen, die ihrerseits Amerikaner kennen. “Wir haben kürzlich mit drei US-Bürgern gesprochen, die noch nie gewählt haben”, berichtet Matt. “Im März trafen wir zwei Leute, die haben einen amerikanischen Elternteil.” Die Telefonaktionen der “Democrats Abroad”, bei denen potentielle Wähler kontaktiert werden, seien wichtiger.

Genug zu tun gibt es. Das US-Außenministerium schätzte 2016, dass neun Millionen US-Bürger im Ausland leben. Dabei muss bedacht werden: In den USA gibt es keine Meldepflicht wie in Deutschland. Wer wählen möchte, muss sich allerdings registrieren. 324.000 Amerikaner leben in Deutschland, rechnete das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2017 vor. In Münster wiederum waren Ende 2019 laut IT.NRW 360 US-Bürger registriert.

Von denen wiederum kennen sich einige untereinander, sagt die 27-jährige Katie, die aus dem US-Bundesstaat Pennsylvania kommt. Dort gibt es viele deutsche Einflüsse. In bestimmten Bevölkerungskreisen, beispielsweise bei den Amish, wird eine deutsche Sprachvariation mit dem etwas irreführenden Namen Pennsylvania Dutch gesprochen. In Münster arbeitet Katie als Fremdsprachenkorrespondentin. Matt wiederum ist vor 16 Jahren seiner deutschen Frau nach Emsdetten gefolgt. Gewählt haben beide selbstverständlich schon. Alle anderen sollten sich sputen, denn die Wahl ist nicht mehr weit.


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