Stadtgeschichte(n)

Skulptur-Projekte: Wir müssen über Geld reden!

Wir haben für euch die Finanzierung der Skulptur-Projekte recherchiert..

Alle zehn Jahre ist es soweit: Münster steht dank der Skulptur-Projekte im Fokus der internationalen Kunstszene. Wen interessiert denn da noch Venedig, Basel oder Kassel? Oder Fragen zur Finanzierung der ganzen Veranstaltung? Genau, die Kleingeister von den Wiedertäufern. Die Geschichte einer Recherche mit Hindernissen.

Über 600.000 Besucher erwartet Münster anlässlich der diesjährigen Skulptur-Projekte. Die sollen nicht nur Münsters Ruhm in der Kunstwelt mehren, sondern auch die Stadtkasse klingeln lassen. Denn die Besucher übernachten hier, sie essen und trinken und lassen sonstwie Geld in der Stadt. Das ist ein nicht zu vernachlässigender Faktor, wenn man über die wirtschaftliche Seite der Skulptur-Projekte spricht.

Über die Kunst, über die sich bekanntlich streiten lässt, wird an anderer Stelle ausführlich geschrieben. Darüber, was das alles kostet und wer das bezahlt, eher weniger bzw. gar nicht. Ganz im Geiste des Watergate-Informanten Deep Throat (“Folgen Sie dem Geld!”) haben wir uns deswegen auf die Spuren des schnöden Mammons begeben. Immerhin finanzieren wir Steuerzahler – beispielsweise über die Stadt und den LWL – einen Großteil der ganzen Veranstaltung.

2013 wurde noch anders gerechnet
Unsere Recherche beginnt bereits Mitte April. Erster Schritt: Frei zugängliche Quellen prüfen. Im Web ist noch die Beschlussvorlage des Rates aus dem Jahr 2013 zu finden, in der ein Gesamtbudget von 6,5 Mio. Euro für die Skulptur-Projekte in Aussicht gestellt wird. Das wäre auf dem gleichen Niveau wie 2007 gewesen. Hier steht auch, dass der Kooperationspartner LWL von der Kommune einen Zuschuss in Höhe von 1,5 Mio. Euro erwartet, andernfalls werde die Neuauflage der Veranstaltung nicht stattfinden können.

2015 hat sich die Planung bereits konkretisiert. Dafür muss man intensiv im Web recherchieren und sich in die Niederungen der LWL-Legislative begeben. Hier gibt es ein Gremium, das sich Landschaftsausschuss nennt und aus Abgesandten der Landschaftsversammlung, dem LWL-Parlament, besteht. Dieses 17köpfige Gremium beschließt am 13.03.2015 die Vorlage 14/0238. Dort heißt es:

“Zur Realisierung der Skulptur Projekte 2017 ist, vorbehaltlich des Zuflusses entsprechender Drittmittel, in Abstimmung mit dem Künstlerischen Leiter Prof. König ein Gesamtvolumen in Höhe von ca. 7,5 Millionen Euro erforderlich. Dieses Budget entspricht einer inflationsbedingten, rund 15%igen Steigerung innerhalb von 10 Jahren (Budget 2007: ca. 6,5 Mio. EUR). Dieses Gesamtvolumen ist in den zurückliegenden politischen Beratungen bereits angesprochen worden.”

Drei-Säulen-Modell bei der Finanzierung
Die Skulptur-Projekte sind eine Gemeinschaftsveranstaltung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) und der Stadt Münster. Deren Finanzierung fußt auf drei Säulen: der Förderung mit öffentlichen Mitteln, der Förderung durch private Sponsoren wie Unternehmen und auf eigens generierten Einnahmen wie beispielsweise Erlösen aus dem Verkauf des Ausstellungskatalogs. Das ganze Projekt soll, so der Plan, am Ende seine Kosten decken.

Unter den Ausgaben sehen wir dann beispielsweise Positionen wie Personalkosten (1,9 Mio. Euro), Honorare/Aufwandsentschädigungen für Künstler und Kuratoren (1,5 Mio. Euro), Kosten für die Realisierung der künstlerischen Arbeiten (2,5 Mio. Euro), aber auch Transporte und Versicherungen (150.000 Euro).

Interessant wird es dann bei den geplanten Erträgen: Ein Drittel des avisierten Gesamtbudgets von 7,5 Mio. Euro tragen die Stadt (1,5 Mio. Euro und der LWL (1,0 Mio. Euro) bei, 500.000 Euro werden für Einnahmen beispielsweise aus dem Katalogverkauf angesetzt. Für die verbleibenden 4,5 Mio. Euro müssen Drittmittel akquiriert werden. Zu diesem Zeitpunkt liegen bereits Zusagen der Kulturstiftung des Bundes (1,0 Mio. Euro), der Provinzial-Stiftung und der Sparkasse Münsterland-Ost (jew. 500.000 Euro) vor. Bleiben am Ende noch 2,5 Mio. Euro offen, für die Anfang 2015 Anfragen entweder gestellt oder in Vorbereitung waren.

Da will wer was über Geld wissen
Soweit, so gut, da machen wir einen Haken dran. Mitte April fragen wir dann bei der Pressestelle der Skulptur-Projekte an, wie es denn mit der Drittmittelakquise so gelaufen ist seither – und verursachen damit offenbar eine gewisse Irritation. Was wir bis wann wissen wollen, kommt als Rückfrage. Gut, es eilt nicht, zwei oder drei Wochen reichen aus.

Auf weitere Nachfragen hin erhalten wir einen Monat später folgende Aufstellung:

“Träger
Landschaftsverband Westfalen-Lippe: 1 Millionen + 500.000 Sachmittel
Stadt Münster: 1,5 Millionen

Hauptförderer
Kulturstiftung des Bundes: 1 Millionen
Sparkassen-Finanzgruppe: 1,094 Millionen

Förderer
Kunststiftung NRW: 550.000
Land NRW: 600.000
Brillux

Einnahmen:
905.000,00€

Der Rest des Budgets setzt sich aus Förderungen verschiedener Unternehmen, öffentliche und private Stiftungen und Privatpersonen sowie Sachsponsoring zusammen.”

Wir sehen, die Akquise der Drittmittel ist nicht ganz so gut verlaufen wie gedacht. Das Land NRW beispielsweise war ursprünglich mit einer Mio. Euro veranschlagt usw. Aber auch das ist kein Problem, man muss ja irgendeinen Ansatz wählen, um kalkulieren zu können. Auffällig hingegen ist, dass die Skulptur-Projekte auf einmal mit 905.000 Euro Einnahmen kalkulieren. Hierbei handelt es sich um einen Posten, wo man theoretisch jede beliebige Zahl einträgen könnte. 2007 beliefen sich die Einnahmen noch auf 400.000 Euro, vor zwei Jahren war der Planungsansatz bei 500.000 Euro. Das ist erklärungsbedürftig, finden wir und fragen nochmal nach. Zu dieser Diskrepanz gibt es folgende Antwort aus der Skulptur-Pressestelle: “Das kann ich ihnen nicht sagen.” Und: “Was haben Sie vor? Interessieren Sie sich auch für die Kunstwerke?”

Und nochmal nachgefragt
Auch die LWL-Pressestelle ist nicht in der Lage, uns eine befriedigende Antwort zu liefern. Wir stellen letztlich bei der LWL-Kulturabteilung einen Antrag nach Informationsfreiheitsgesetz (IFG NRW) auf Aushändigung des Kosten- und Finanzierungsplans. Den bekommen wir dann auch mit Stand: 10.06.2017 in einer angemessenen Form. Hier sehen wir dann auch, dass das Budget letztlich knapp 7,3 Mio. Euro beträgt. Nur eine Erklärung zu den Einnahmen fehlt. Die wiederum erhalten wir auf nochmalige Nachfrage:

“Die jetzige Ansatzerhöhung resultiert aus 3 Faktoren:

a) Bereits vor der Eröffnung gab es eine derart große Katalognachfrage, dass die Auflage erhöht wurde. Daher ist mit mehr Einnahmen aus Katalogverkäufen zu rechnen als zunächst erwartet.

Gleiches gilt für die Verkaufserlöse aus der Orientierungskarte.

b) Ebenfalls im Vorfeld der Eröffnung zeichnete sich eine sehr viel stärkere Nachfrage nach geführten Touren ab als ursprünglich kalkuliert. Auch daraus resultieren entsprechend höhere Einnahmeerwartungen.

c) Anders als anfangs geplant wurde zudem eine große Menge von Merchandising-Artikeln in den Verkauf genommen, wodurch ebenfalls mit höheren Einnahmen zu rechnen ist.

Im Einzelnen setzen sich die kalkulierten Einnahmen nach aktuellem Stand folgendermaßen zusammen:

Kataloge: 120.000 €
Orientierungskarte: 150.000 €
Fahrradverleih: 25.000 €
Touren/Führungen: 580.000 €
Merchandise-Artikel: 10.000 €
Mieterträge aus Veranstaltungen: 20.000 €”

Na, also. Geht doch. Das hätten wir alle einfacher haben können.