Münster

Münster: Gewalt in Pflegeheimen steigt deutlich

Symbolbild: Die Gewalt in den Münsteraner Pflegeheimen hat zuletzt zugenommen. (Foto: Sabine van Erp/Pixabay)

Symbolbild: Die Gewalt in den Münsteraner Pflegeheimen hat zuletzt zugenommen. (Foto: Sabine van Erp/Pixabay) 

Die Zahl der Übergriffe in den Münsteraner Pflegeheimen ist zuletzt deutlich angestiegen. Besserung scheint nicht in Sicht.

“Die Situation in den Pflegeheimen ist katastophal!” Thiemo Kisnat vom Pflegebündnis Münster muss es wissen. Er sieht als Altenpfeger Tag für Tag, wo der Schuh drückt in dem ächzenden System in Deutschland. 820.000 Menschen wurden Ende 2017 nach Angaben des Statistischen Bundesamts vollstationär in der Altenpflege betreut – Tendenz steigend.

Andererseits herrscht ein extremer Mangel an Pflegepersonal. Auf 100 gemeldete Stellen kommen lediglich 19 Arbeitslose, heißt es in einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit aus dem vergangenen Mai. Vor fünf Jahren seien es noch doppelt so viele gewesen.

Diese Situation macht sich auch in den Pflegeheimen in Münster bemerkbar. In den hiesigen Institutionen werde gute Arbeit geleistet, schreibt die Heimaufsicht in ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht. Aber: Bei den Regelprüfungen gab häufig die personelle Ausstattung, der Umgang mit Medikamenten und Dokumentationsmängel Anlass zu Beanstandungen. “Im Bereich Medikamentenversorgung fehlten etweder ärztliche Verordnungen oder Medikamente waren nicht vorhanden bzw. nicht korrekt gestellt, sodass vermutet werden musste, dass Medikamente vereinzelt möglicherweise auch gar nicht oder feglerhaft verabreicht wurden.”

Mehr Sonderkontrollen in Pflegeheimen

Deutlicher ist die Entwicklung bei den anlassbezogenen Kontrollen. Diese Prüfungen erfolgen erst auf Hinweise hin. Ihre Zahl hat so drastisch zugenommen, dass die Aufseher immer häufiger nicht den Routinekontrollen nachkommen können. Aufgrund von Beschwerden rückten die Prüfer im vergangenen Jahr in 79 Fällen aus. 2016 war dies noch 50 Male der Fall gewesen.

Ein deutliches Anzeichen dafür, wie sehr das System unter Druck zu sein scheint, ist die Zahl der registrierten Gewaltvorfälle. Für 2017 notierten die Prüfer noch sieben derartige Meldungen. Ein Jahr später waren es bereits 23.

In einem Teil der Fälle ging die Gewalt von Bewohnern gegenüber dem Personal oder anderen Bewohnern aus. Hier macht die Heimaufsicht die zunehmende Zahl von dementiell veränderten Patienten und solchen mit einer psychischen Erkrankung als wesentliche Gründe aus.

Das Thema Personal hingegen ist der größere Komplex, der sich durch den kompletten Bericht der Heimaufsicht zieht. In einem Fall erstattete die Heimaufsicht Anzeige gegen eine in einer Einrichtung arbeitende Person, in einem weiteren Fall tat dies die Einrichtung selbst. “Bei zwei Beschäftigten wurde die Nichteignung für die Ausübung der Tätigkeit in einer Pflegeeinrichtung festgestellt.”

Mehr Personal notwendig

Thiemo Kisnat sieht “unterbesetzte Schichten mit gestressten Pflegekräften” als wesentlichen Punkt für die Zunahme der Gewaltvorfälle, die vom Personal ausgehen. Er fordert “zwingend” mehr Personal: “Gewalt in der Pflege entsteht häufig aus Zeitdruck, wenn etwas nicht ‘schnell genug’ geht.” Die Heimaufsicht sieht das ähnlich: “Viele Gewaltvorfälle haben ebenso wie Hinweise auf nicht adäquate Pflege (…) u. a. ihre Ursache auch in einer Überforderung des Pflegepersonals auf Grund des aktuellen Fachkräftemangels.”

Dabei geht es nicht nur um die Zahl der in den Pflegeheimen Beschäftigten an sich, sondern auch um die Fachkräfte mit einer entsprechenden Ausbildung und Qualifikation. Deren Anteil ist ebenfalls rückläufig. “Es liegt nahe, die Gründe hierfür (die angeführten Entwicklungen/Anm. d. Red.)  unter anderem in der sich abzeichnenden geringeren Fachkräftequote zu sehen.”

Dagmar Arnkens-Homann, Leiterin des zuständigen Sozialamts, spricht angesichts der Situation im Bericht der Heimaufsicht von “wachsenden Herausforderungen”. Die Frage ist allerdings, inwieweit die Stadt hier Änderungen erwirken kann. Kisnat sieht hier vor allem die Bundespolitik in Berlin in der Pflicht.


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Ein Kommentar

  1. Münster die Insel der Seligen das ist ein alter CDU Spruch. Jedenfalls bin ich dankbar für diesen Artikel hätte ihn aber lieber in der wn gelesen. Wegen dem Verbreitungsgrad.
    Mit freundlichen Grüssen
    Ingo Giesen

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