Klartext

Klimaneutralität: Gut gemeint, aber auch gut gemacht?

Der Autor: Rüdiger Sagel ist ein politisches Urgestein in Münster. Lange Jahre saß er erst für die Grünen, dann für die Linkspartei zunächst im Landtag, zuletzt im Stadtrat. Seine aktive politische Karriere hat er mit Ablauf der Legislaturperiode beendet.

Der Autor: Rüdiger Sagel ist ein politisches Urgestein in Münster. Lange Jahre saß er erst für die Grünen, dann für die Linkspartei zunächst im Landtag, zuletzt im Stadtrat. Seine aktive politische Karriere hat er mit Ablauf der vergangenen Legislaturperiode beendet.

Münsters Stadtverwaltung ist fleißig – und sie hat das Ziel, Münster klimaneutral zu machen. Dafür hat sie eine “Konzeptstudie Münster Klimaneutralität 2030” vorgelegt und dafür müsste man sie uneingeschränkt loben. Doch ihrer eigenen Empfehlung folgend, vom Ziel her zu denken, kommt das dicke Ende am Schluss und unserem Gastautor Rüdiger Sagel stellt sich die Frage: Wird gut gemeint auch gut gemacht?

Bisher sicherlich nicht, muss das vorläufige Fazit lauten! Denn von 1990 bis 2019 sind die Treibhausgas-Emissionen in Münster nur um rund 28 Prozent gesunken, wobei sich jedoch die Einwohner*innen Zahl im gleichen Zeitraum immerhin um 13 Prozent erhöht hat. Bei einer Reduktion von nur rund einem Prozent pro Jahr und einer nur leichten Entkopplung von den Treibhausgas-Emissionen ist aber “der bisherige Reduktionspfad nicht geeignet, die Ziele des Klimaabkommens einzuhalten”, urteilt die Stadverwaltung immerhin selbst.

Stellt sich jetzt die Frage, wie sieht denn ein möglicher Weg zur Klimaneutralität 2030 für die Stadt Münster aus, um das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen? Kann das Ziel überhaupt erreicht werden und wenn, was ist dafür notwendig?

Kein Transformationspfad, aber Ziel erreichbar

Um zumindest ein Gutes vorwegzunehmen: “Die Stadt Münster hat am 11.12.2019 beschlossen, Klimaneutralität bis 2030 anzustreben” und: “Das Ziel einer Klimaneutralität im Jahr 2030 für Münster ist bei reiner Betrachtung der technischen Potenziale zur Treibhausgasreduktion grundsätzlich erreichbar.” So das abschließende Urteil der städtischen Konzeptstudie.

Doch nun kommt erst recht das dicke Ende und es kommen Einschränkungen, welche die grundsätzlich frohe Botschaft auch für die Zukunft in keinem sonnigen grünen Licht mehr erscheinen lassen.

Denn für die kommunale Ebene gibt es noch keinen verbindlichen Transformationspfad zur Umsetzung. Und vielleicht noch viel gravierender: “Mit den direkten und indirekten Einflussbereichen des Konzerns Stadt hinsichtlich der Stadtgesellschaft können aber nur ca. 50 Prozent der erforderlichen Treibhausgaseinsparungen maximal adressiert werden.” Will heißen, die Stadtverwaltung sieht sich auch nicht in der Verantwortung, die Klimaziele tatsächlich umsetzen und letztendlich erreichen zu können, da sie darauf laut eigener Bekundung keinen Einfluß hat. Und die nächste Verweisung der Stadtverwaltung kommt gleich noch hinterher: “Die Umsetzung des dafür notwendigen gesellschaftlichen Transformationsprozesses ist mit gravierenden Herausforderungen für die Stadtgesellschaft verbunden.”

Im Klartext: Die Verwaltung zeigt mit ihren Fingern auf die Bürger*innen, die bitte schön mal konkrete klimapolitische Konsequenzen tragen sollen. Klimaschutz zum Nulltarif gibt es nicht!

Die Realität steht noch lange nicht fest

Zudem wird so ganz nebenbei der grünen Politik in Münster auch noch vom Grünen-Dezernenten, der die städtische Vorlage für den Stadtrat unterschrieben hat, ein weiterer Hieb mitgegeben: Ihr könnt beschließen, was ihr wollt, ob das dann Realität wird, steht noch lange nicht fest. Kein Wunder, dass abschließend noch die ganz große Relativierung erfolgt, um sich vorsichtshalber gegen etwaige Vorwürfe auch schon in der Zukunft den Rücken frei zu halten. “Die Umsetzung aller vorhandenen Treibhausgaseinsparpotenziale ist von zahlreichen Faktoren abhängig, die nur zum Teil vor Ort durch den Konzern Stadt beeinflusst werden können.”

Fast wie ein Rufen im Walde hört sich da dann der Mutmacher an, um das Ganze nicht vollständig zur Farce werden zu lassen: “Je nachdem, in welchem Umfang die Akteure Konzern Stadt Münster, Stadtgesellschaft, EU, Bund und Land ihre Einflussbereiche ausschöpfen und Faktoren auf übergeordneter Ebene verändert werden, ist das Ziel einer Klimaneutralität bis 2030 grundsätzlich erreichbar.”

Dass die jetzt dafür notwendigen Mlliardensummen mit keinem Wort benannt werden, noch woher sie kommen sollen, ist jetzt schon fast müßig zu erwähnen. Denn wer will schon wissen, wie die allein für die energetische Sanierung des kompletten Wohnungsbestandes in Münster notwendigen 9,5 Mrd. Euro finanziert werden oder die 3,6 Mrd. Euro für die 2.500 Hektar notwendigen Solarflächen? Und dies bei einem städtischen jährlichen Gesamthaushalt von 1,5 Mrd. Euro.

Warum sich auch noch mit schnöden Finanzen aufhalten, wenn doch “die menschengemachte globale Erwärmung zukünftig die Lebensqualität, den Wohlstand und die Zukunftsperspektiven der Menschen in Münster, aber auch weltweit” bedroht.

Gut gemacht?


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