Münster

Forschung: Der Einbrecher, das unbekannte Wesen

Symbolbild Einbrecher (Foto: Christian Schnettelker)

Symbolbild Einbrecher (Foto: Christian Schnettelker)

Einbrüche sind immer für eine Schlagzeile gut: Die Zahlen steigen, marodierende Banden aus Osteuropa räumen bundesdeutsche Wohnzimmer leer, Bürger fühlen sich von einem schwachen Staat im Stich gelassen. Soweit das mitunter klischeebehaftete Bild in der Öffentlichkeit. Die Realität der Einbrecher sind gänzlich anders aus. 

Beginnen wir doch mal mit einer guten Nachricht: Die Zahl der Einbrüche ist rückläufig. Für das erste Halbjahr 2017 berichtete die Polizei in Münster nach einer Phase des kontinuierlichen Anstiegs von einer “sinkenden Tendenz”. Damit lag die Stadt sowohl in die eine als auch die andere Richtung im bundesweiten Trend. In Münster begründete die Polizei die positive Entwicklung mit der Einrichtung von spezialisierten Einheiten wie der Soko “Beis”.

“Der zu verzeichnende leichte Rückgang ist vielleicht auch auf solche spezialisierten Einheiten zurückzuführen”, sagte Gina Rosa Wollinger vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) am Mittwochabend im H3 am Schlossplatz. Die erhöhte Sensibiliserung der Bevölkerung und die verbesserten Schutzmaßnahmen zeigten ebenfalls Wirkung.

Beim Thema Einbruch gilt: Wahrnehmung und die tatsächliche Lage unterscheiden sich mitunter deutlich. “In den 90er Jahren waren die Fallzahlen deutlich höher, damals war das aber nicht so ein Thema”, erläuterte die Forscherin. In den letzten zehn Jahren aber habe es einen Anstieg von rund 50 Prozent gegeben, während andere Formen der Kriminalität stagnierten. “Das erklärt sicherlich auch die hohe mediale Aufmerksamkeit.”

Einbrüche erregen Aufsehen
Aber nicht nur das: Wohnungseinbrüche sind Delikte mit einer hohen Anzeigebereitschaft. Zugleich aber sind in den seltendsten Fällen verwertbare Spuren oder gar Zeugen verhanden, den Kontakt zu den Opfern meiden Einbrecher ohnehin. So wundert es nicht, dass die bundesweite Aufklärungsquote – die eigentlich Tatverdächtigenquote heißen müsste – im Schnitt bei 15 Prozent liegt. Die Verurteilungsquote hingegen kommt nur auf magere 2,6 Prozent. Diese Diskrepanz zwischen den beiden Kennziffern ist laut Wollinger eben auch auf die häufig schlechte Beweislage zurückzuführen. In 70 Prozent der Fälle würden die Staatsanwaltschaften mangels Erfolgsaussichten von sich aus abwinken.

Aber wer sind die Einbrecher? “Hier ergibt sich ein sehr heterogenes Bild”, resümierte Wollinger. “Es gibt nicht den einen Tätertypen.” In einer Studie aus dem Jahr 2010 wurde dieses Phänomen genauer untersucht – mit überraschenden Ergebnissen. Ein knappes Drittel der Delikte etwa sind Beziehungstaten, zwei Drittel der Täter ortsansässig. In 38,5 Prozent der Fälle gebe es einen Suchthintergrund, 9,9 Prozent der Einbrecher sind Einbrecherinnen. Und gut die Hälfte hat die deutsche Staatsbürgerschaft.

Die genannte Studie wurde in fünf unterschiedlichen Städten durchgeführt und hat hier jeweils stark divergierende Ergebnisse zu Tage gefördert. “Es gibt hier unterschiedliche regionale Schwerpunkte”, erklärte Wolliger. Die zentrale Frage: “Wo sind unsere Probleme? Wo kommen unsere Täter her?” In Regionen mit ausgeprägteren sozialen Problematiken etwa seien die Täter häufiger ortsansässig.

Deutschland lockt reisende Täter an
In einer kürzlich erstellten Studie widmete sich das KFN gesondert dem Thema der reisenden Täter, die es in einem relevanten Maß gebe, auch wenn die mediale Darstellung häufig überzogen sei. Gleiches gelte für das Klischee der reisenden Banden – es gebe durchaus Einzeltäter. Die Forscher machten konkret drei Tätertypologien aus:

  • Einbrecher aus der Not heraus. Manche Täter müssen beispielsweise “Schleuserschulden” abarbeiten.
  • Um an das einfache und schnelle Geld zu kommen
  • Die Profis, die Einbruch als Beruf sehen

“Auch in der Tatbegehung sehen wir eine große Pluralität”, sagte die Expertin. Hier gebe es die Opportunisten, die nach einer günstigen Gelegenheit suchen. Andere wiederum halten nach der lukrativsten Beute Ausschau. Nicht zuletzt gebe es Auftragseinbrüche und Tipps von teils professionellen Tippgebern. Interessant auch die Motivation für das Zielland Deutschland: Neben dem Bild vom reichen Land seien die Wohnungen vergleichsweise schlecht gesichert.