Münster

Erntehelfer fehlen: Auf die Corona- folgt die Spargel-Krise

Ohne Erntehelfer kommen Spargel und Erdbeeren nicht auf den Markt. (Foto: Archiv)

Ohne Erntehelfer kommen Spargel und Erdbeeren nicht auf den Markt. (Foto: Archiv)

Die Coronavirus-Pandemie treibt manchen Spargel- und Erdbeerbauern derzeit die Sorgenfalten auf die Stirn: Sie bangen um die anstehende Ernte, denn die dringend benötigten Saisonarbeitskräfte aus Polen und Rumänien haben oftmals Probleme, nach Deutschland zu kommen.

Stephan Bäcker hat derzeit ein Problem. Die Spargelernte steht beim Landwirt aus Gelmer an, doch seine Saisonarbeitskräfte haben Schwierigkeiten, in die Bundesrepublik einzureisen. “Wir kriegen die Osteuropäer nicht mehr ins Land”, klagt er. In den vergangenen Jahren hatte er einen verlässlichen Personalstamm aus Polen und Rumänien aufgebaut, die pünktlich zur Ernte für einige Wochen nach Münster kamen.

Doch jetzt? Fehlanzeige. Schuld ist die Corona-Pandemie. “Die Polen sind sehr vorsichtig, aber die werden sicherlich noch kommen”, ist sich Bäcker sicher. Viele Erntehelfer fürchten, dass sie nach einer Rückkehr in die Heimat in Quarantäne müssen. Die im Web kursierenden Gerüchte über die Situation in Deutschland sorgen für weitere Verunsicherung.

Komplizierter ist die Lage hingegen in Rumänien: “Das ist mit dem Auto schwirig, denn Ungarn (als wichtiges Transitland/Anm. d. Verf.) hat die Grenzen dicht gemacht.” Vor der naheliegenden Alternative Flugzeug hätten viele Saisonkräfte Angst.

Das Problem betrifft dabei die gesamte Branche: “Das ist eine ernste Situation”, erklärt Hans-Heinrich Berghorn vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband in Münster. “Viele Mitglieder haben Sorge, dass sie die Ernte nicht aus dem Boden rauskriegen.” Deswegen würden sie nun selbst initiativ und versuchten, die Menschen nach Deutschland zu holen. Und der Bedarf ist nicht gering: Berghorn schätzt die Zahl der Erntehelfer auf rund 300.000 Menschen. Viele tausend Arbeitskräfte fehlen derzeit nach Einschätzung des Verbands.

Deutsche wollen Spargel stechen

In ihrer Not greift die Branche auf ungewöhnliche Maßnahmen zurück. So will der Verband über eine gesonderte Plattform die Bauern und deutsche Arbeitssuchende zusammenbringen. Bäcker wiederum annonciert gezielt in den Sozialen Medien, um Erntehelfer zu bekommen. “Auf einmal kommen Deutsche, das ist auch für uns überraschend”, berichtet er. “Die Leute suchen Jobs von Studenten bis zum Gastronom, quer durch die Bank.” In seinen 20 Jahren in dem Job habe er sowas noch nie erlebt.

Doch hier fangen die Probleme an. Kurzarbeiter beispielsweise haben geringen Zuverdienstgrenzen. Und wer aus der Gastronomie kommt, möchte möglicherweise wieder zurück, sobald die Lokale wieder öffnen dürfen. Das größte Problem ist aber ein anderes: “Alle Versuche mit Deutschen sind fehlgeschlagen”, gibt Verbandssprecher Berghorn zu bedenken. “Aus Osteuropa kommen Gruppen von Arbeitskräften, das sind Profis, die wollen Umsatz machen und Akkordzuschläge generieren.” Bäcker sieht das ähnlich: “Der Rumäne zieht das durch, mit den Deutschen ist das ein anderes Arbeiten.”

Eine Wahl hat er im Zweifelsfall nicht – die Spargelernte lässt sich schließlich nicht vertagen. Und Mitte April sind die Erdbeeren an der Reihe. “Ich kann nicht sagen, ob wir am Ende den Bedarf decken können”, sagt Bäcker. “Ich wäre froh, wenn wir 60 bis 70 Prozent der Ernte einfahren würden.”


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Ein Kommentar

  1. Mir kommen die Tränen …
    Die armen Spargel- und Erdbeeresser werden möglicherweise einmal lernen müssen auf diesen Luxus zu verzichten.
    Dann habe sie Zeit darüber nachzudenken, dass andernorts auf diesem Planeten Menschen verhungern weil sie nicht genug Grundnahrungsmittel aus ihren Feldern erwirtschaften.
    Jeder Luxus hier schleudert den Dreck in die Luft der den Planeten erwärmt.

    Merke:
    Wer viel Spargel isst
    fährt auch ohne Reue SUV.

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