Stadtgeschichte(n)

Vier Wochen Vollgas: Der Weihnachtsmarkt, ein knallhartes Geschäft

Der Weihnachtsmarkt an der Lambertikirche. (Foto: Presseamt Münster/MünsterView)

Der Lichtermarkt an der Lambertikirche. (Foto: Presseamt Münster/MünsterView)

Geschenke kaufen, Glühwein saufen: Der Weihnachtsmarkt lockt auch in diesem Jahr wieder Heerscharen von Besuchern nach Münster. Für die Menschen hinter den Kulissen bedeutet die Weihnachtszeit vier Wochen harte Arbeit in einem ebenso fordernden wie lukrativen Geschäft.

Wer auf dem diesjährigen Weihnachtsmarkt mal ein Münsteraner Bier anstelle eines Glühweins trinken möchte, muss nach Köln fahren. Dort haben die Jungs von der Finne Brauerei ihren Stand aufgebaut und missionieren mit ihrem westfälischen Gerstensaft. “Wir wären natürlich mindestens genauso gerne in Münster auf dem Weihnachtsmarkt vertreten”, sagt Florian Böckermann von der Finne. Das Problem: Bier ist auf dem Markt am Rathaus nicht erwünscht, nicht einmal Glühbier hätte eine Chance gehabt. Bei den anderen vier Weihnachtsmärkten der Stadt hatten es die Markt-Novizen gar nicht erst versucht, denn dort sind die Gastronomie-Plätze in der Regel auf lange Sicht im Voraus vergeben. Sei’s drum, nun punkten sie mit ihren Bio-Produkten am Rhein und nicht an der Aa.

Das Schicksal der Finne zeigt aber auch: Der Weihnachtsmarkt ist eben nicht nur wohlige Weihnachtsstimmung, sondern auch ein knallhartes Geschäft mit seinen ganz eigenen Regeln. Von den fünf Märkten in Münster betreibt die Halle Münsterland den rund um das Rathaus im Auftrag der Stadt. Bei dem öffentlichen Ausrichter gelten strenge Anforderungen an die Platzvergabe für die in diesem Jahr 123 Schausteller zwischen Rathausinnenhof und Dominikanerkirche. Die Besonderheit an diesem Standort ist, dass sich die Beschicker jedes Jahr aufs Neue bewerben können – oder, je nach Sichtweise – müssen. “Darüber ist nicht jeder glücklich”, sagt Ralf Kleimann, der den Lichtermarkt an der Lambertikirche organisiert und das Geschäft von der Pike auf kennt. Seiner Erfahrung nach dauert es drei Jahre, bis sich ein Stand etabliert hat – für die Beschicker ein Risiko. “Der Münsteraner ist da sehr konservativ.”

Wer am Rathaus mit von der Partie sein möchte, muss zugleich die hohen Anforderungen der Veranstalter erfüllen. Auf den sieben Seiten Zulassungsrichtlinien und fünf Seiten Teilnahmebedingungen ist festgehalten, wer unter welchen Umständen eine Chance auf einen der begehrten Plätze hat. An dieser Stelle wollten wir eigentlich schreiben, wie viele Ausrichter sich zuletzt beworben haben, aber die Halle Münsterland hat es offenbar nicht so mit Pressearbeit. Wer am Ende den Zuschlag erhält, ist Sache der Zulassungskonferenz, die sich aus Mitarbeitern von Stadt und Halle Münsterland zusammensetzt.

Sie vergeben Punkte nach einem festen Katalog, der Kriterien wie Dachform und Beleuchtung, aber auch das Warenangebot umfasst. Nicht zuletzt muss sich die Jury an dem festgelegten Schlüssel für die jeweiligen Anbietergruppen orientieren. 36 Prozent des Gesamtkontingentes sind für Kunstgewerbe und Geschenkartikel vorgesehen, zwei hingegen für Kinderfahrgeschäfte. Die Miete für einen Quadratmeter Glühweinstand beträgt übrigens 566 Euro plus weitere Kosten für Strom, Bewachung etc.

Ein paar Meter weiter am Lichtermarkt an der Lambertikirche läuft das Ganze ein wenig anders. Nachdem der Weihnachtsmarkt am Rathaus lange Zeit der einzige in Münster war, wollten einige Kaufleute vor über 30 Jahren ihre eigene Veranstaltung aufziehen. Sie sprachen mit der Kirche, der der Grund bis auf wenige Quadratmeter gehört (für die müssen heute Miete an die Stadt gezahlt werden), beantragten die Lizenz für die Marktaustragung und schon war der Lichtermarkt geboren. Ralf Kleimann ging seinen Eltern bereits als Kind zur Hand, 2003 zogen sich diese zurück. Schließlich übernahmen er und sein Bruder das gleichnamige Café und auch den Stand.

Seither organisiert Kleimann den Lichtermarkt, lange Jahre stand er selbst in der Bude. “Das sind vier Wochen fast durchgehend arbeiten”, erzählt er. Beim Lichtermarkt als privater Veranstaltung läuft das Vergabeverfahren anders als beim großen Pendant in öffentlicher Hand. Hier entscheidet der erste Sprecher, wer dabei ist. Die Altbeschicker aber kommen zuerst an die Reihe, die Fluktuation ist entsprechend gering. Auch hier gibt es feste Kontingente für Kunsthandwerk und die Gastronomie, die besonders in den Abendstunden gut läuft.”Die ist ein lukratives Geschäfts, sonst bräuchte man sich den ganzen Stress auch nicht antun”, sagt Kleimann, ohne auf Zahlen eingehen zu wollen. Eine goldene Regel: Kaltes und zugleich trockenes Wetter sind gut für das Geschäft.

Das läuft auch in Köln gut. Aber ergibt sich nochmal eine Chance für die Finne in Münster? Kleimann ist eher zurückhaltend und bevorzugt das “klassische” Sortiment. Florian Böckermann hofft hingegen auf das nächste Jahr: “Vielleicht gibt es in der Stadt ja nochmal einen Ruck beim Thema Bier.”