Rathaus

Generalverdacht im Integrationsrat

Sorgt für Diskussionen im Integrationsrat: Leila Khaled, Mitglied der Terrororganisation PFLP, hier bei einer Veranstaltung in Beirut im Jahr 2009. (Foto: Sebastian Baryli/CC BY 2.0)

Sorgt für Diskussionen im Integrationsrat: Leila Khaled, Mitglied der Terrororganisation PFLP, hier bei einer Veranstaltung in Beirut im Jahr 2009. (Foto: Sebastian Baryli/CC BY 2.0)

Irritation im Integrationsrat: Wer Förderungen erhalten will, soll nach dem Willen der CDU zukünftig ein Bekenntnis zum deutschen Grundgesetz und zum Existenzrecht Israels abgeben. Der Vorstoß ist eine Reaktion auf eine mögliche Verbindung der Tanzgruppe Al-Carmel zu einer Terrororganisation – und stößt nicht nur bei der Opposition auf Unverständnis. 

Die CDU sorgt für weiteren Gesprächsstoff im Integrationsrat, nachdem die mögliche Verbindung einer geförderten Tanzgruppe mit einer palästinensischen Terrororganisation Fragen aufgeworfen hat. So fordern die Christdemokraten auf ihrer Website: “Die Rathaus-CDU blickt kritisch auf die Vergabe städtischer Zuschüsse durch den Integrationsrat, seitdem Verbindungen zwischen geförderten Vereinen und terroristischen Organisationen bekannt geworden sind.” CDU-Ratsherr Jens Heinemann legt nach: “Wir werden deshalb beantragen, dass es städtisches Geld und städtische Räume nur noch gibt, wenn außer der Beachtung bestehender Richtlinien auch eine Selbstverpflichtung der Antragsteller vorliegt.”

Konkret fordern die Christdemokraten:

  • Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung
  • Anerkennung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland
  • Anerkennung des Existenzrechts des Staates Israel
  • Verurteilung und Distanzierung von terroristischen Taten und Organisationen
  • Akzeptanz persönlicher und religiöser Freiheitsrechte

Die Verwaltung hat zu dem Sachverhalt rund um die aus Dortmund stammende Tanzgruppe Al-Carmel Untersuchungen eingeleitet, die nach Aussage der Pressestelle der Stadt noch nicht abgeschlossen sind. Die Gruppierung ist über die Palästinensische Gemeinde zu Dortmund organisiert. In den sozialen Medien kursierte unlängst ein Foto von Al-Carmel-Tänzern zusammen mit Leila Chaled, die Mitglied der hierzulande als Terrororganisation eingestuften Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) ist. Sie war Ende der 60er Jahre eine der ersten weiblichen Flugzeugentführerinnen der Geschichte, hat heute aber dem Terror abgeschworen. Eine abschließende Bewertung zu ihrer Person und der Verbindung zu Al-Carmel liegt nicht bislang vor – und bis dahin gilt in Deutschland die Unschuldsvermutung.

Der Forderungskatalog der CDU jedenfalls sorgt bei Dr. Ömer Lütfü Yavuz, dem Vorsitzenden des Integrationsrates, für Unverständnis: “Der Integrationsrat verteilt seit über 20 Jahren Zuschüsse und fördert Integrationsprojekte”, betont er. “Keine einzige Förderung ist bislang beanstandet worden. Mehr kann ich dazu nicht sagen.” Zudem seien alle geförderten Vereine nach deutschem Recht konstituiert.

“Obwohl es sich seit Jahrzehnten um lediglich einen einzigen fragwürdigen Verein und Einzelfall handelt, werden jetzt alle von der CDU im Stadtrat Münsters unter Generalverdacht gestellt”, echauffiert sich auch Linkspartei-Fraktionschef Rüdiger Sagel. Er stellt darüber hinaus die Wirksamkeit einer solche Maßnahme in Frage – abseits des Signals, das mit einer solchen Anforderung gesendet werde. “Was das bringen soll, sich im Vorfeld zu den demokratischen Werten und anderem zu bekennen, ist vermutlich selbst der CDU nicht klar. Denn wer Geld von der Stadt Münster haben will wird das machen und sich im Zweifelsfall doch anders verhalten.” Zustimmung kommt auch von der SPD: “Wir verwahren uns gegen jegliche unbegründete Diskreditierung und Diskriminierung dieses Gremiums durch die CDU”, erklärt Sozialdemokrat Thomas Kollmann.

Grünen-Ratsherr Christoph Kattentiedt findet, dass die Forderung an dem eigentlichen Problem vorbeigeht: “Ich habe nichts gegen eine Selbstverpflichtung, bezweifle aber, dass die am Ende etwas bringt.” Nicht zuletzt sei die geforderte eingehende Prüfung eine hohe Anforderung. Das eigentliche Problem ist seiner Ansicht nach die bisherige Vergabepraxis bei den Förderungen – hier müsse der Rat Vorlagen absegnen, deren Inhalt er nicht vollständig durchdringen könne. Sein Vorschlag: “Der Integrationsrat bekommt eine Summe zur Verfügung gestellt und vergibt diese freihändig ohne politischen Prozess.” So könne man das Gremium auch stärken.