Stadtgeschichte(n)

Domplatz-Toilette: Gebühr gefährdet Kunstwerk-Status

Für die Nutzung der Toilette am Domplatz werden jetzt 50 Cent fällig.

Wer derzeit die öffentliche Toilette am Domplatz aufsucht, wird überrascht sein: Neuerdings müssen die Besucher des stillen Örtchens eine Gebühr von 50 Cent für die Nutzung entrichten. Das an sich wäre nicht weiter bemerkenswert, handelte es sich bei der Anlage nicht um ein Kunstwerk. Und dessen wesentliches Element ist die kostenfreie Inanspruchnahme. 

Eine Toilettenanlage als Kunstwerk: Das finden die Nutzer des Lokus unter dem Domplatz vor. Der international renommierte Konzept-Künstler Hans-Peter Feldmann hatte die Anlage aus den 50er Jahren im Rahmen der Skulptur-Ausstellung 2007 zusammen mit der Stadt modernisiert. Wo eine unansehnliche Bedürfnisanstalt zu erwarten ist, überrascht das unterirdische WC mit modernen Badkeramiken, farbigen Fliesen, Blumenbildern und einem bunten Lüster.

Man erwartet das Schlimmste und bekommt das Beste – dieses Spiel mit den Erwartungen ist das wesentliche Element von Feldmanns Arbeit. Nach der Ausstellung blieb das Werk mit seiner Zustimmung erhalten. Einzige Bedingung: Die Nutzung muss kostenfrei bleiben.

Neuerdings aber erhebt die Wall GmbH als Betreiber der Anlage eine Nutzungsgebühr. “Aus betrieblichen Gründen”, erklärte die Pressestelle des Unternehmens auf Anfrage. Dies ist ohne Absprache mit der Stadt geschehen, in deren Auftrag Wall das Örtchen betreibt.

Derzeit führen beide Parteien nach eigenen Angaben Gespräche, um eine “andere Lösung” zu finden. Wall sieht sich auf der sicheren Seite: “Im Vertrag mit der Stadt ist festgehalten, dass wir für jede Toilettenanlage, die wir bewirtschaften, das Nutzungsentgelt in Höhe von 50 Cent erheben dürfen.”

Domplatz-Toilette bald kein Kunstwerk mehr?

Das bringt die Stadt wiederum in eine Zwickmühle: “Wir haben die Wall GmbH darüber informiert, dass die Erhebung eines Nutzungsentgeltes dazu führt, dass der Toilettenanlage der Status als Kunstwerk aberkannt wird, was weitere Reaktionen des Künstlers nach sich ziehen könnte.” Feldmann wurde nach Angaben der Stadt über den aktuellen Stand informiert.

Auch aus künstlerischer Sicht stinkt Geld eben doch, findet Dr. Hermann Arnhold, Direktor des LWL-Museums für Kunst und Kultur. Eine Nutzungsgebühr sei in keiner Weise vereinbar mit der künstlerischen Aussage des Werkes. Feldmann integriere die Arbeit im Sinne der Skulptur Projekte in den öffentlichen, frei zugänglichen Stadtraum.

Bezüglich des weiteren Verfahrens wird nun die Entscheidung der Wall GmbH abgewartet. Damit rechnet die Stadt “in Kürze”.


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  1. Da wird die Stadt Münster verschlafen haben, die Gebührenfreiheit vertraglich mit der Wall GmbH festzuschreiben. Genau so, wie sie damals bei Neubau des Iduna-Hochhauses versäumt hat, die Baulast zur Instandhaltung des umgebenden Platzes im Grundbuch absichern zu lassen. Das kostet die Stadt und somit dem Münsteraner Bürger jetzt fast eine Millionen Euro. Man denke weiterhin an die Verträge, die die Stadt mit dem Investor Deilmann in Bezug auf die Verpflichtung zu sozialverträglichen Mieten im neu errichteten Hochhaus am Bahnhof abgeschlossen hat. Diese stellen sich ja auch nicht als wasserdicht heraus. Auch hier musste die Stadt beim Vertragspartner betteln gehen, statt von vornherein durch fachgerechte Verträge ihre Interessen und die Interessen der Bürger sicherzustellen.
    Gerade lese ich, dass durch das ungeschickte Vorgehen der Stadt die Steuern und Notarkosten für den Erwerb des Kasernengrundstückes für Wohnzwecke doppelt anfallen, und das sind jeweils etwa 8% vom Kaufpreis, also kein Pappenstiel.

  2. Es gibt doch bestimmt Alternativen zur Fa. Wall GmbH – und der Vertrag mit diesem Unternehmen ist mit einer Kündigungsklausel versehen?
    Da wäre es doch die einfachste Lösung der Fa. Wall GmbH zu verstehen zu geben, dass man den (sicher lukrativen) Vertrag kündigen wird, wenn hinsichtlich des Benutzungsentgelts kein Entgegenkommen vorhanden ist. Und alle sonstigen Verträge von städtischen und stadtnahen Betrieben gleich mit ….

    Oder gibt es da Verflechtungen zu Parteien, Poahlbürgern, den Karnevalisten oder Hansekaufleuten die das verhindern?

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