Münster

Wohnungssuche: Studentenverbindungen ködern ahnungslose Erstis

Augen auf bei der Wohnungssuche: Die Angebote von Verbindungen sind häufig nicht auf den ersten Blick zu erkennen.

Augen auf bei der Wohnungssuche: Die Angebote von Verbindungen sind häufig nicht auf den ersten Blick zu erkennen.

Raus aus dem elterlichen Heim, in eine neue Stadt, ein neuer Lebensabschnitt. Der Studienbeginn ist in vieler Hinsicht ein Aufbruch. Doch für die meisten Studierenden bedeutet das erstmal Wohnungssuche. Genau das nutzen manche Studentenverbindung in fragwürdiger Art und Weise aus.

“Günstiges Wohnen in geselliger Studenten-WG”. Das hört sich doch ziemlich vielversprechend an für Studierende, die händeringend auf der Suche nach einer Bleibe sind. Das ist bekannterweise in Münster besonders schwer. Der Anzeigentext auf der Plattform “wg-gesucht.de” überzeugt vor allem mit dem Preis. Ein 15-Quadratmeter-Zimmer im Zentrum für 240 Euro ist ein ziemlich erschwinglicher Kurs angesichts der angespannten Wohnungssituation in der Stadt.

In einer anderen Wohnungsanzeige heißt es zum Leben in der WG: “Wir leben gesellig, haben häufig Gäste, organisieren auch hin und wieder Partys in unserem Keller”. Daran ist grundsätzlich nichts außergewöhnlich, schließlich wollen die wenigsten Wohngemeinschaften rein zweckmäßig sein ohne soziale Interaktion.

Wohnungssuche mit einem Haken

Bei den Wohnungsanzeigen fällt aber etwas auf: Zum einen suchen beide Annoncen explizit nur nach einem Mann für die Wohngemeinschaft. Auch die bisherige Besetzung besteht nur aus Männern. Das an sich mag nicht ungewöhnlich sein, aber spätestens bei den aufgerufenen Preisen stellt sich eine Frage: Wo ist der Haken?

Und es gibt einen: Aus den Anzeigen geht kaum hervor, dass hier Studentenverbindungen ihre Zimmer in den Verbindungshäusern vermieten wollen. Alleine durch die hochgeladenen Bilder und die Adresse lässt sich herausfinden, dass die beiden oben genannten Anzeigen – die stellvertretend für diverse andere herausgesucht wurden – von der katholischen Studentenverbindung Cimbria und von der Franko-Silesia-Verbindung kommen. Eine Anfrage von uns, wieso mit keinem Wort erwähnt wird, dass es sich um Anzeigen von ihnen handelt, ließen beide Verbindungen bisher unbeantwortet.

Genau hier sieht der Arbeitskreis Verbindungswesen des AStA, der sich mit den Aktivitäten von Studentenverbindungen in Münster außernandersetzt, ein Problem. “Viele Erstsemester-Studierende würden gerne in eine WG ziehen, in denen auch gemeinschaftliche Aspekte eine Rolle spielen”, schreibt der AK auf Anfrage. “Wenn in den Anzeigen beispielsweise steht ‘Wir leben gesellig, haben häufig Gäste, organisieren auch hin und wieder Partys in unserem Zimmer’ (…) bei Zimmerpreisen von unter 250 Euro hört sich das erstmal verlockend an.” Allerdings müssten sich die Bewohner in “straffe Hierachien” einfügen und antiquierte Rollenmodelle sowie revisionistische Weltbilder stünden allzu oft an der Tagesordnung.

Unwissenheit sorgt für Problematik

Dem AK Verbindungswesen sei außerdem berichtet worden, dass tatsächlich Studierende bei der Besichtigung eines Zimmers in einem Verbindungshaus gelandet sind, ohne es zu wissen. Dies könne man dazu nicht nur bei den Wohnungsanzeigen beobachten. Auch Partys, die in einem Verbindungshaus stattfinden, werden laut dem Arbeitskreis als WG-Partys beworben.

Bisher sind die beiden katholischen Verbindungen nicht so negativ aufgefallen, wie zum Beispiel die Burschenschaft Franconia, die in ihrer Anzeige übrigens ganz offen damit umgeht, für welche Werte sie steht. Allerdings hat die Verbindung Franko-Silesia 2018 zu einem Vortrag unter dem Titel “Vertriebene Schlesiens” eingeladen, der sich laut dem AK Verbindungswesen “vermutlich in den geschichtsrevisionistische Erzählung der deutschen Opfer während des Zweiten Weltkriegs einordnete”. Bei der Thematik werde der historische Kontext ausgeblendet, zumindest was die Vortragsankündigung angehe, so der AK. Was der Vortragende tatsächlich dort erzählt hat, können wir indes nur mutmaßen. Allerdings fehlten weitere Veranstaltungen zum Nationalsozialismus.

Studierenden auf Wohnungssuche rät der AK derweil, bei ungewöhnlich günstigen Angeboten genau hinzuschauen. Im Zweifelsfall könne eine Webrecherche Aufschluss geben, wer hinter einer ungewöhnlichen Annonce steckt.


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