Klartext

Sicherheit beim Hafenfest: Lasst euch nicht kirre machen!

Beim Hafenfest gelten erhöhte Sicherheitsvorkehrungen.

Nach dem schrecklichen Anschlag im britischen Manchester hat der Terror auch Münster erreicht: Rucksäcke sind künftig in der Halle Münsterland verboten, auf dem Hafenfest nicht erwünscht. Straßensperren sollen vor LKW-Attacken schützen, mehr Polizisten auf den Straßen die Gemüter beruhigen. Ändert das alles etwas an einer wie auch immer gearteten “Bedrohungslage”? Um die Antwort vorwegzunehmen: nein.

Der Terroranschlag von Manchester hat Entsetzen und große Betroffenheit hervorgerufen. Der mutmaßliche Attentäter Salman Abedi soll nach dem Ende eines Konzerts 22 Menschen getötet und Dutzende teils schwer verletzt haben, darunter viele Kinder. Eine religiöse Motivation steht im Raum, ist aber bislang nicht bestätigt. Irgendwie kommen einem Meldungen wie diese fast schon bekannt vor. Ein durchgeknallter Typ mit einem Bombenrucksack oder einem LKW. Viele Tote. Große Trauer überall. Und danach muss etwas passieren oder es muss zumindest so aussehen, als ob dies der Fall wäre.

Insofern passt es in die “Dramaturgie”, dass, wenn sich der erste Staub gelegt hat, der Auftritt der Law-and-Order-Menschen folgt. Oder der Journalisten, die den Wolfgang Bosbachs dieser Welt die mundgerechten Fragen stellen. Sicher, niemand will ein zweites Manchester in Deutschland oder gar im beschaulichen Münster. Besondere Sicherheitsmaßnahmen gibt es denn auf dem am Freitag beginnenden Hafenfest. Man solle doch bitte den Rucksack zu Hause lassen, empfiehlt Ordnungsamtschef Martin Schulze-Werner via “WN”. Dort heißt es weiter, dass auch die Polizei ihre Präsenz deutlich aufstocken will: “Wir haben keine konkreten Hinweise für Münster, aber eine latente Anschlaggefahr besteht nach wie vor.” Straßen sollen gesperrt werden, um eine Wiederholung der Ereignisse von Nizza und Berlin zu verhindern. Rücksäcke sind künftig auch in der Halle Münsterland verboten. In Manchester wurde die Bombe angeblich außerhalb des Veranstaltungsortes gezündet – beim Eingang zu Konzertveranstaltungen werden Rucksäcke und Taschen nämlich kontrolliert. Und hatte die Polizei nicht sowohl Amri als auch Abedi auf dem Schirm?!

Placebo-Politik mit Baldrian-Wirkung
Was ist eine angemessene Reaktion auf die Ereignisse von Manchester? Oder dem Anschlag von Berlin, als Anis Amri mit einem LKW in einen Weihnachtsmarkt raste und zwölf Menschen tötete, viele weitere verletzte? In Münster wurden daraufhin Reisebusse angemietet, die fortan in der Vorweihnachtszeit die Eingänge zu den Fußgängerzonen versperrten. Kaum auszumalen, hätte jemand die darin wartenden Busfahrer überwältigt und die passenderweise bereitstehenden Vehikel genutzt, um samstagsmittags auf Salz- oder Ludgeristraße einmal Vollgas zu geben. Und wo sind die Busse jetzt? Nicht zu vergessen: Bei der Anti-AfD-Demo im Januar waren Rucksäcke ebenfalls erlaubt. Gleiches gilt für den Vorplatz des Preußenstadions an Spieltagen.

Eine angemessene Reaktion wäre vielleicht etwas mehr Gelassenheit. Das Hafenfest einfach nur genießen. Den Terror aus den Köpfen tanzen? Oder trinken? Wie verrückt wollen wir uns denn bitte machen lassen? Wie weit wollen wir unser Leben an einer verschwindend geringen Wahrscheinlichkeit ausrichten, in einen Terroranschlag verwickelt oder gar getötet zu werden? Es sind wesentlich mehr deutsche Soldaten bei dem Versuch gestorben, unsere Sicherheit am Hindukusch zu verteidigen, als Terroristen deutsche Zivilisten als Rache für unser Engagement in Afghanistan getötet haben. Die meisten Opfer sind wahrscheinlich wegen der Terror-Hysterie – zugegeben, in Kombination mit Herzinsuffizienz, Fettleibigkeit und/oder Nikotinabusus – fort in die ewigen Jagdgründe.

Grüße vom Unterhosenbomber
Und wir Verbleibenden lassen uns in unserer persönlichen Freiheit immer weiter einschränken. Gut, dass die Cockpit-Tür im Flieger nicht offen steht, macht Sinn. Die Nacktscanner, die wir übrigens dem Unterhosenbomber zu verdanken haben, gehen nach anfänglichen Diskussionen auch klar. Diese unsägliche Limitierung von Flüssigkeiten auf Flügen in der EU nimmt man noch zähneknirschend hin. Aber die anlasslose Vorratsdatenspeicherung geht dann doch einen Tacken zu weit. Und man fragt sich wirklich: Was kommt als Nächstes? Ein dauer-Ausnahmezustand wie in Frankreich mit einer Einschränkung von Grundrechten wie der Unverletzbarkeit der Wohnung? Mir schaudert es da immer bei dem Gedanken an die Geschichte eines letztlich misslungenen Attentats auf den Sohn des saudi-arabischen Innenministers im Jahr 2009. Eine solche Aktion in einem Flugzeug – und wir können alle die Hosen runterlassen. Artikel 1 GG hin oder her.