Klartext

Preußen Münster: Nicht mehr ein Verein

111 Jahre nach der Vereinsgründung steht der SC Preußen Münster vor einer Zäsur. Der Profisport soll in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert werden, um eine “Professionalisierung” des SCP zu ermöglichen. Die würde sich zunächst nur auf dem Papier abspielen, könnte aber weitreichende Folgen haben. Wir stellen die beiden möglichen Modelle vor.

Am Dienstagabend bittet der SCP seine Vereinsmitglieder zur Informationsveranstaltung über ein mitunter sperriges Thema. Die Profimannschaft soll in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert werden. Rizzi, Rühle und Co. stehen dann künftig nicht mehr bei dem SC Preußen Münster 06 e. V. auf der Gehaltsliste, sondern bei einer GmbH oder einer GmbH & Co. KGaA. Das dritte nach den Statuten der DFL mögliche Modell wäre eine klassische Aktiengesellschaft – die Variante schloss Aufsichtsratschef Frank Westermann erst kürzlich gegenüber „Westline“ aus.

Aber warum überhaupt die ganze Geschichte? In der Debatte, die erst jetzt allmählich Fahrt aufnimmt, geistern eher abstrakte Argumente umher. „Wir sind der Überzeugung, dass eine Ausgliederung für die Professionalisierung zwingend erforderlich ist“, erklärte Westermann in besagtem Artikel. Nun gut, das Argument zieht – nur muss man da bei der Gesellschaftsform anfangen?!

Mehr Unternehmen als Verein
Um das Ansinnen der Vereinsoberen zu verstehen, müssen wir uns die jetzige Rechtsform des SC Preußen anschauen. Derzeit handelt es sich um einen eingetragenen (und damit gemeinnützigen Verein) – und Vereine dürfen eigentlich nur in einem sehr eingeschränkten Maße wirtschaftlich tätig sein, wenn diese wirtschaftliche Betätigung dem ideellen Hauptzweck funktional untergeordnet ist, wie es so schön im Juristensprech heißt. Soll heißen: Ein Fußballverein kann beim Spiel Bratwürste verhökern, aber keine Metzgerei betreiben.

Schlimmstenfalls könnte sogar die Löschung aus dem Vereinsregister drohen wegen einer Rechtsformverfehlung. Dazu ist es aber noch nie gekommen, auch wenn der SCP mit seinem Jahresumsatz von 8,277 Mio. Euro (Geschäftsjahr 2015/16) ein nicht ganz so kleines Unternehmen mehr ist. Aber das sind andere ja auch nicht – Gruß nach Gelsenkirchen.

Wichtig für die Stadionfrage
Bei der Rechtsform Verein kommen zwei weitere Faktoren hinzu: Im Falle einer Insolvenz wäre der gesamte SC Preußen betroffen, also auch die anderen Abteilungen. Dies ließe sich mit einer Ausgliederung verhindern. Zweitens stellt sich die Frage der Haftung, die bei Kapitalgesellschaften in der Regel in irgendeiner Form beschränkt ist. Der Verein haftet mit seinem Vermögen, bei einer schuldhaften Pflichtverletzung beispielsweise kann der Vorstand haftbar gemacht werden.

Dieser Umstand dürfte besonders im Hinblick auf ein mögliches Stadionbauprojekt wichtig sein, wenn mit zweistelligen Millionensummen gearbeitet wird. Es ist nur schwer vorstellbar, dass ein eingetragener Verein das Stadion in Eigenverantwortung hochzieht. Im Umkehrschluss würde ein Scheitern der Ausgliederungspläne, denen die Mitglieder zunächst zustimmen müssen, faktisch das Aus für eine neue Arena bedeuten.

GmbH oder KGaA?
Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) haften die Gesellschafter mit ihren Einlagen, die in der Summe 25.000 Euro betragen. Hier besteht im Gegensatz zum Verein die Möglichkeit, Anteile an der GmbH beispielsweise an Investoren zu veräußern – im Rahmen der von der DFL vorgegebenen 50+1-Regel, nach der der Verein immer die Mehrheit an der GmbH behalten muss. So behält der Verein und über ihn (in einem beschränkten Umfang) die Mitglieder immer das Sagen. Andersherum muss beachtet werden, dass ein Investor mit 25,1 Prozent Anteil über eine Sperrminorität verfügen würde und Entscheidungen des Vereins beliebig blockieren könnte. Auch der Verkauf von Anteilen ist kompliziert.

Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) als zweite mögliche Variante ist eine Mischform zwischen einer Aktien- und einer Kommanditgesellschaft. Hier muss mindestens ein Gesellschafter, der Komplementär, gegenüber den Gläubigern unbeschränkt haften – außer es handelt sich dabei um eine GmbH (dann wäre es eine GmbH & Co. KGaA). Zugleich können wesentliche unternehmerische Entscheidungen nicht gegen seinen Willen getroffen werden. Die restlichen Gesellschafter sind als Kommanditaktionäre über ihre Aktienanteile an der Gesellschaft beteiligt und haften mit ihrer Einlage. Der Vorteil ist, dass sich bei diesem Konstrukt recht unkompliziert frisches Kapital durch die Ausgabe der Aktien beschaffen lässt. Das wäre für die Preußen aber nur dann relevant, wenn sie einen oder mehrere Investoren ins Boot holen wollen.