Klartext

LKW-Sperren: Opium fürs Weihnachtsvolk

Eine der sogenannten LKW-Sperren steht am Ende der Ludgeristraße.

Münsters Weihnachtsmärkte haben seit Montag geöffnet. Doch im Jahr eins nach der verheerenden Terrorattacke vom Breitscheidplatz in Berlin ist alles ein wenig anders. Bewaffnete Polizisten und LKW-Sperren sollen der Bevölkerung ein Gefühl von Sicherheit vermitteln.

Genau das aber ist trügerisch. Seit dem 11. September haben wir immer wieder verheerende Terrorattacken gesehen, wenn auch nicht in einem annähernd ähnlichen Ausmaß. Jedes Mal haben sich die Sicherheitsbehörden rund um den Globus neue Schutzmaßnahmen ausgedacht, jedes Mal haben sich die Terroristen neue Methoden einfallen lassen, um auf möglichst Aufsehen erregende Art und Weise Menschen zu töten.

Wir müssen uns dabei bewusst machen: Es geht den Angreifern nur vordergründig darum, möglichst viele Unschuldige umzubringen. Es geht ihnen um eine Botschaft, die sich tief in unser kollektives Bewusstsein bohren soll. Sie wollen, dass wir Angst haben. Dass wir uns fürchten. Dass wir unsere Art zu leben aus dieser Furcht heraus ändern und am Ende unfreier sind als zuvor, weil wir unsere Freiheit – unser höchstes Gut – aus Angst vor terroristischen Attacken selbst beschneiden.

Die martialisch auftretenden Polizisten mit ihren Maschinenpistolen und die LKW-Sperren sind ein Teil eines politisch gewollten Cocoonings. Wir verpuppen uns, indem wir Barrieren errichten. Sie sollen Sicherheit vermitteln, aber es scheint fraglich, wie Miet-Lieferwagen einen LKW mit 40 Tonnen Gesamtgewicht aufhalten sollen. Passenderweise sitzt der Fahrer immer mit laufendem Motor hinterm Steuer. Wir brauchen uns nicht ausmalen, welche Vorgehensweise ein Mann mit einem kranken Geist und einer kriminellen Energie wie Anis Amri hier vorgehen würde.

Auch an der Rothenburg Ecke Königsstraße steht eine der LKW-Sperren, die nicht nur Terroristen den Weg versperrt.
Auch an der Rothenburg Ecke Königsstraße steht eine der LKW-Sperren, die nicht nur Terroristen den Weg versperrt.

Letztlich handelt es sich bei vielen Maßnahmen um ein Placebo. Im Fallesfall wären die LKW-Sperren ähnlich wirkungsarm wie der umzäunte Send mit den Rucksackkontrollen am Eingang (denken Sie mal darüber nach, wer Sie da im öffentlichen Raum kontrolliert!), wo man die imaginäre Sprengladung einfach über den Zaun werfen könnte.

Wir sollten unser Leben so weiterleben, wie wir das bisher getan haben. Selbstbestimmt, in Freiheit – und in dem Bewusstsein, dass die vollkommende Sicherheit ein falsches Versprechen ist. Wir sollten unser Leben bewusst leben und uns bewusst machen, dass die Chance, bei einem Verkehrsunfall ums Leben zu kommen, immer noch deutlich höher ist als von einem Terroristen mit einem LKW auf dem Weihnachtsmarkt in Münster getötet zu werden. Das Geld für die LKW-Sperren wäre für Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit jedenfalls besser angelegt.