Stadtgeschichte(n)

LIT-Verlag: Chef unterschreibt rechtslastige “Erklärung 2018” – und rudert jetzt zurück

Im LIT-Verlag rumort es, nachdem der Chef die umstrittene "Erklärung 2018" unterschrieben hat.

Sturm der Entrüstung im Münsteraner LIT-Verlag: Verleger Wilhelm Hopf hat die “Erklärung 2018” unterzeichnet, in der eine “illegale Masseneinwanderung” beklagt wird. Nach Protesten seiner Autoren zog er seine Unterschrift nun zurück – mit einer merkwürdigen Begründung. 

Ein solcher Protest hat Seltenheitswert in der Verlagsszene: Annähernd 200 Herausgeber und Autoren protestieren öffentlich gegen ihren Verleger. Genau das ist jetzt beim LIT-Verlag geschehen. Wilhelm Hopf, Gründer und Leiter des auf wissenschaftliche Literatur spezialisierten Unternehmens, hatte sie mit einer simplen Unterschrift gegen sich aufgebracht. Seine symbolische Signatur aber platzierte er nicht unter irgendeinem Dokument, sondern unter der so genannten “Erklärung 2018”. Deren kurzer wie eindeutiger Text spricht für sich:

“Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Deutschland durch die illegale Masseneinwanderung beschädigt wird. Wir solidarisieren uns mit denjenigen, die friedlich dafür demonstrieren, dass die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederhergestellt wird.”

Initiatorin der Erkärung ist die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld, zu den Erstunterzeichnern gehören u. a. Eva Herman, Uwe Tellkamp und Thilo Sarrazin.

Sturm der Entrüstung im Lit-Verlag

In einem offenen Brief mit dem Titel “Wir distanzieren uns” haben die Herausgeber und Autoren des Verlags am Dienstag deutlich gemacht, dass dieser Zustand für sie unhaltbar sei. Hopf selbst habe sich – zur Rede gestellt – verwehrt gegen die “Unterstellung […], die Kritik an der illegalen Masseneinwanderung hätte irgendetwas mit rechtem Gedankengut zu tun”. Daraufhin habe man die Zusammenarbeit aufgekündigt:

“Unsere wissenschaftlichen Anstrengungen verfolgen nicht zuletzt das pädagogische und demokratische Ziel, Ressentiments und Ausgrenzung zu bekämpfen. Wir distanzieren uns daher nicht nur von den menschenfeindlichen Zielen der ‘Erklärung 2018’, sondern wollen auch nicht in den Zusammenhang mit einem Verleger gesehen werden, der sich derart äußert.”

Diese Drohungen scheinen bei Hopf gefruchtet zu haben. Noch am Dienstag zog er seine Unterschrift unter der “Erklärung 2018” zurück und gestand auf der Website des Verlags Fehler ein. Dort heißt es dann beispielsweise: “Ich hatte ohne Prüfung der Initiatorin (ehemals bekannt als DDR-‘Bürgerrechtlerin’) Vera Lengsfeld vertraut und nicht genügend wahrgenommmen, dass die Erklärung zu vereinfachenden populistischen Folgerungen verleitet: Das hätte nicht passieren dürfen.”

Hopf zeigt späte Einsicht

An späterer Stelle wird der Verleger dann deutlicher: Er habe nicht berücksichtigt, “als Verleger immer im Zusammenhang mit Herausgeberinnen/ Herausgebern, Autorinnen/Autoren und Lektoren gesehen” zu werden. “Ich als Verleger befinde mich an exponierter meinungsbildender Stelle und sehe meine Aufgabe weiterhin, an einem umfassend fundierten Diskurs über Fächer- und Länder-Grenzen hinaus mitzuwirken. Die Rechte von Minderheiten und Bedrohten, besonders Juden, bleiben dabei immer im Fokus.”


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  1. Moralisierende Selbsteröhung einer weltfremden Kaste, die ungeliebte Meinungen an den Pranger Stellen, ausgrenzen und subtil die Aufkündigung der Zusammenarbeit ankündigen bei einem Autor der dies mit keiner Silbe kritisch betrachtet. MFr De 2018

  2. Meinungsfreiheit in Deutschland: “Diese Drohungen scheinen bei Hopf gefruchtet zu haben. Noch am Dienstag zog er seine Unterschrift unter der “Erklärung 2018” zurück…”
    Das ist genau das, was Uwe Tellkamp beschrieben hat.

  3. “Ingenieure der Seele” (Stalin) sind wohl ans Werk gegangen…Was braucht man noch Meinungsfreiheit, wenn man doch eine Hyper-Moral hat…? Schade, dass man so zur Geisel wird. Offene Grenzen heißt nicht automatisch offenes Land!

  4. Etwas halbherzig von Herrn Hopf.

    Richtig ist, dass die Unterzeichner dieser “Erklärung2018” nicht bereit sind, Argumente Andersdenkender überhaupt nur zur Kenntnis zu nehmen.

    Der Gipfel war Tellkamps falsche Behauptung im Kulturpalast, die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags hätten eine Mitwirkungspflicht des Bundestags in der Frage Einreisegestattung vs Einreiseverweigerung gegenüber internationalen Schutz begehrenden Drittstaatsangehörigen (siehe §13 AsylG, Richtlinie 2011/95/EU) festgestellt.

    Nahezu das Gegenteil ist der Fall: https://www.bundestag.de/blob/514854/0bdb98e0e61680672e965faad3498e93/wd-3-109-17-pdf-data.pdf (Abschnitt 3.1, Fn. 17, Seite 9 oben)

    Nein, verfassungsrechtliche Ordnung bedeutet eher Pflicht zur Einreisegestattung als Erlaubnis zur Einreiseverweigerung.

    So stellt das BVerwG hier https://www.bverwg.de/230317B1C17.16.0 (Rn. 13) fest, dass Europarecht die Drittstaatenregelung verdrängt. Auch Merkels Position ist bekanntlich, dass Zurückweisungen an der Grenze rechtlich unzulässig sind. Dieser Position müssen sich die Unterzeichner nicht anschließen, sie aber in der Auseinandersetzung zu ignorieren, ist unlauter.

    Wer diese Erklärung unterzeichnet, handelt möglicherweise nur fahrlässig, sich nicht um Informationen bemühend, oder kündigt bewusst Grundvoraussetzungen des demokratischen Miteinanders auf: Einander zuhören, korrekt zitieren, Urteile anerkennen.

  5. Meinungsfreiheit scheint für manche Kommentierende zu bedeuten, dass Autor*inen die öffentlichen Äußerungen ihres Verlegers einfach zu akzeptieren haben. Ein komisches Verständnis von Meinungsfreiheit. Meinungsfreiheit bedeutet, dass alle ihre Meinung äußern dürfen, was der nette Verleger offensichtlich ohne Probleme durfte. Dass das dann alle toll finden müssen, ist sicherlich nicht Teil der Meinungsfreiheit.

    Ich bin jedenfalls froh, dass die Autor*inen ihre Meinungsfreiheit genutzt und klar Position bezogen haben.

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