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Deilmann/Kresing: Scheidung läuft – Ratsherren stellen Neuhafen infrage

Ein Bild aus glücklichen Tagen: Andreas Deilmann (l.) und Rainer M. Kresing präsentieren im Oktober 2011 gemeinsam die Pläne für das Metropolis-Hochhaus. (Foto: Münsterview/Archiv)

Ein Bild aus glücklicheren Tagen: Die Architekten Andreas Deilmann (l.) und Rainer M. Kresing präsentieren im Oktober 2011 gemeinsam die Pläne für das Metropolis-Hochhaus. (Foto: Münsterview/Archiv)

Sie haben Spuren hinterlassen. Jeder für sich, beide zusammen. Hanse-Caree, das Metropolis-Hochhaus: Die Architekten Rainer Maria Kresing und Andreas Deilmann haben das Stadtbild in den vergangenen Jahren mitgeprägt. Doch nun ist es mit der Zusammenarbeit vorbei. Es hat Streit gegeben, die Risse waren wohl nicht mehr zu kitten. Was aus ihrem nächsten gemeinsamen Projekt wird, ist fraglich. Erste Ratsleute fordern Erklärungen von Deilmann/Kresing – und stellen den Neuhafen grundsätzlich infrage.

Es ist vorbei. Die jahrelange Kooperation der beiden Architekten Andreas Deilmann und Rainer M. Kresing ist Vergangenheit. Mehrere mit der Sache vertraute Quellen haben den Wiedertäufern unabhängig voneinander bestätigt, dass das oftmals nur Deilmann/Kresing genannte Duo seine Zusammenarbeit beendet hat. Derzeit seien die beiden dabei, ihre Verhältnisse zu ordnen. Deilmann ließ die Anfrage um ein Interview unbeantwortet, Kresing reagierte in der letzten Woche auf die mehrfachen Bitten um eine Stellungnahme. Die Fragen bezüglich des Status der Zusammenarbeit ließ er unbeantwortet, dementierte den Sachverhalt aber auch nicht.

Der ausschlaggebende Grund für die Beendigung der erfolgreichen Kooperation soll, so unsere Quellen, der Streit um das Metropolis-Hochhaus sein. Im letzten Jahr war mehr oder minder durch einen Zufall herausgekommen, dass Deilmann einen Teil der Wohnungen durch einen Winkelzug zu einem höheren Preis als die mit der Stadt vereinbarten 8,50 Euro vermieten wollte. Sein Kompagnon Kresing erklärte auf den öffentlichen Aufschrei hin in einem Brief an den Oberbürgermeister, dass er für Vertragstreue stehe.

Streitpunkt Metropolis-Hochhaus
„Sollte dieses widererwartend in Frage stehen, erfordert es, die aktuellen Gegebenheiten und die eingegangenen Kooperationen neu zu überdenken“, zitierte die „Münstersche Zeitung“ Ende August 2016 aus dem Schreiben, das nur Kresings Unterschrift trug. Zu diesem Zeitpunkt war Deilmann bereits abgetaucht und ließ über sein Büro ausrichten, dass er für die folgenden Tage nicht zu erreichen sei.

Mit welchem Ergebnis der Prozess des Überdenkens geendet ist, dürfte inzwischen klar sein. Eine für alle sichtbare Auswirkung sind die bis heute nicht abgeschlossenen Bauarbeiten am Metropolis-Hochhaus. Und daraus ergibt sich weiter, dass die Zukunft des Projekts Neuhafen, das seit einem Jahr in der Schwebe ist, mehr als ungewiss sein dürfte. Hier wollte das Duo rund 300 Wohnungen in vier- bis fünfgeschossigen Mehrfamilienhäusern zwischen Schillerstraße und Hafenweg bauen. Doch auch hier gibt es Probleme, und zu den internen Differenzen gesellt sich eine Meinungsverschiedenheit mit der Stadt.

Der Streitpunkt in den Vertragsverhandlungen weckt Erinnerungen an den Skandal um das Metropolis-Hochhaus: Laut Kommune ist eine Quote von 25 Prozent Anteil an sozial förderbarem Wohnraum vereinbart worden, wie es auch in der zwei Jahre alten Vorlage 282 nachzulesen ist. Deilmann/Kresing hatten sich hier – seinerzeit noch einhellig – mit Verweis auf die Finanzierbarkeit des laut Deilmann-Website mit 80 Mio. Euro schweren Projektes quergestellt. Die Stadt hingegen erklärt besagte Quote für sakrosankt: „Die 25 Prozent müssen eingehalten werden“, betont Andreas Leifken vom Stadtplanungsamt.

Stillstand am Neuhafen
Seit einem Jahr beziehungsweise seit den Friktionen rund um die Causa Metropolis hat sich nichts mehr beim Projekt Neuhafen getan. „Die aktuelle Hängepartie hängt mit dem Ende der Zusammenarbeit von Deilmann und Kresing zusammen“, sagt ein Ratsherr, der an dieser Stelle nicht namentlich genannt werden möchte.

Piraten-Ratsherr Johannes Schmanck hingegen wird deutlicher: “Die Herren Deilmann und Kresing sollten alsbald erklären, wie es um ihre Kooperation bestellt ist und wie sie sich das weitere Vorgehen insbesondere beim Projekt Neuhafen vorstellen. Schließlich haben sie den Zuschlag meines Erachtens gemeinsam erhalten und nicht als Einzelpersonen.“ Nicht zuletzt sei die Frage des sozialen Wohnungsbaus seit einem Jahr ungeklärt.

Immerhin: Kresing ging in seinem knappen Statement aus der vergangenen Woche auf das Thema ein. „Zur Partnerkonstellation beim Projekt Neuhafen wollen wir uns derzeit nicht äußern“, erklärte der Architekt. Angeblich, so unsere Quelle, suche er einen Ersatz für seinen Ex-Partner Deilmann. Als Grund für die Verzögerung gab Kresing hingegen an, dass es, wie häufig bei Projekten dieser Größenordnung, eine Fülle von Planungsfragen zu klären gebe. „Zur Zeit sind wir mit der Verwaltung dabei eine konkrete Planung zu verabschieden, die anschließend im Planungsausschuss vorgestellt werden soll. Damit ist das Projekt aus unserer Sicht weiter auf Kurs.“

Projekt neu verhandeln?
Diese Einschätzung teilt unsere auf Anonymität Wert legende Quelle nicht – und geht sogar einen Schritt weiter. „Das Projekt an sich muss auf den Prüfstand.“ Pirat Schmanck stößt ins gleiche Horn: “Sollten die Herren ihre Kooperation widerrufen, ergäbe sich unter Umständen die Möglichkeit, das Projekt Neuhafen erneut auf den Prüfstand zu stellen, was ich persönlich ausserordentlich begrüßen würde.“

Bis dahin passiert erst einmal – genau: nichts. Rainer Bode von der Initiative Zukunft Hafen rechnet damit, dass die Akteure allesamt die Füße still halten, solange nicht über das nebenan befindliche E-Center befunden wurde: „Das wird in diesem Jahr nichts mehr.“ Die Initiative hatte vor einem knappen halben Jahr die Begründung für ihre Klage gegen den geplanten Bau des Einkaufszentrums eingereicht, über die nun entschieden werden muss. Bedeutet im Umkehrschluss: Deilmann/Kresing hätten noch Zeit, ihre Verhältnisse zu ordnen.

Wo heute noch die Osmo-Hallen an der Schillerstraße sind, soll künftig nach dem Willen von Deilmann/Kresing der Neuhafen entstehen.
Wo heute noch die Osmo-Hallen an der Schillerstraße sind, soll künftig nach dem Willen von Deilmann/Kresing der Neuhafen entstehen.